"Gib mir meinen Sohn zurück!"Argentinien hofft auf ein U-Boot-Wunder

Am Eingang der Marinebasis in Mar del Plata spielen sich herzzerreißende Szenen ab: Als das Militär bekannt gibt, dass es auf der Route des U-Boots zu einer Explosion kam, brechen die seit Tagen wartende Familienangehörige der vermissten Seeleute zusammen.
Die jüngste Wendung bei der Suche nach dem seit mehr als einer Woche vermissten U-Boots "ARA San Juan" haben die Familien der verschollenen Besatzungsmitglieder in Trauer und Verzweiflung gestürzt. Am Eingang des Stützpunkts in Mar del Plata - dem Heimathafen des argentinischen U-Boots - brachen Frauen und Männer in Tränen aus, fielen sich in die Arme oder sackten schluchzend zu Boden.
Seit Tagen hatten sich dort etwa hundert Angehörige versammelt, um sich in schwierigen Zeiten der Unsicherheit Beistand zu geben und gemeinsam auf ein Lebenszeichen der 44-köpfigen U-Boot-Besatzung zu hoffen. In den vergangenen Tagen durchlitten sie ein Wechselbad der Gefühle zwischen Angst und Hoffnung. Erlösenden Neuigkeiten blieben bislang aus.
Gut eine Woche nach dem letzten Funkkontakt zur "ARA San Juan" hatten die Familien nun erfahren, dass sie die vermissten Ehemänner, Söhne oder Väter womöglich nie mehr wiedersehen. Die Chancen, Überlebende zu finden sind durch eine einzelne Nachricht dramatisch geschwunden: Wie die argentinische Marine sieben Tage nach Beginn des U-Bootdramas bekannt gab, gehen die Militärs mittlerweile von einem Explosionsereignis aus, dass sich offenbar zum fraglichen Zeitpunkt genau auf der Route des U-Boots im Meer weit draußen vor der Küste zugetragen haben soll.
Die kurze Mitteilung zerschlug bei vielen die letzte Hoffnung auf Rettung. Auf dem Marinestützpunkt wurden die Angehörigen der Besatzung seit Mittwoch vergangener Woche betreut. Psychologen und Priestern kümmerten sich um die Familien. Am Zaun um das Gelände wurden Kinderbilder und Botschaften zur Unterstützung der Angehörigen aufgehängt. Tagelang hofften alle auf ein Wunder oder wenigstens ein Funksignal aus der Tiefe des Atlantiks.
"Sie manipulieren uns"
Doch nun herrschten zunächst Niedergeschlagenheit und Schmerz. Tränen flossen - auch Wut machte sich bei Einzelnen breit. Itatí Leguizamón, Anwältin und Ehefrau eines Besatzungsmitglieds, brach nach der Nachricht von der Explosion zusammen. "Sie sagen uns nicht, dass sie tot sind, aber dass sie auf 3000 Metern Tiefe sind", stößt sie hervor. "Wie ist das zu verstehen?"
Mit Blick auf die Berichte über die "hydroakustische Anomalie", die über eine Woche nach dem Verschwinden des U-Bootes bestätigt wurden, sagte sie: "Ich fühle mich betrogen! Wie wollen sie das jetzt erst erfahren haben?" Und dann: "Die sind pervers und manipulieren uns!"
Ausbrüche der Verzweiflung hatte es bereits nach den ersten Informationen über ein verdächtiges Geräusch im Meer gegeben. Die Familien der Seeleute wissen genau, was ein "Geräusch" unter Wasser für ein U-Boot bedeuten kann. Eine Mutter schrie in Richtung Meer: "Gib mir meinen Sohn zurück!"
WhatsApp-Botschaften ins Leere
Vor der Information über die Explosion hatten sich die Angehörigen noch anders angehört. "Wir sind alle in Angst, aber wir geben die Hoffnung nicht auf", sagte Marcela Moyano, deren Mann Hernán Rodríguez als Maschinist auf der "San Juan" arbeitete. "Ich will, dass mein Mann zurückkommt." Sie schreibe ihm weiterhin WhatsApp-Nachrichten, wie sie es sonst auch getan habe.
Jetzt müssen sich die Angehörigen schmerzhaft mit dem Gedanken auseinandersetzen, dass ihre Liebsten an Bord aller Wahrscheinlichkeit nach schon seit Tagen nicht mehr am Leben sind. Doch die Hoffnung stirbt zuletzt, meinte ein Beobachter. Manche klammerten sich immer noch an den Gedanken, dass vielleicht doch noch ein Wunder geschieht.