Panorama

Aussage im Diren-ProzessBeide Seiten buhlen um Sympathie der Jury

05.12.2014, 12:42 Uhr
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Die Frau des Angeklagten, Janelle P., macht vor Gericht ihre Aussage. (Foto: AP)

Der Prozess um den erschossenen Ausstauschüler Diren D. ist in vollen Gange. Die Frau des Angeklagten sitzt im Zeugenstand und macht ihre Aussage. Dabei versucht sie die Jury für sich zu gewinnen - mit einstudierter Selbstironie.

Sie wohnten in derselben Gegend, doch Janelle P. sagt, dass sie von Diren D. Existenz erst fünfeinhalb Tage vor dessen Tod erfuhr. Das war am 21. April, als sie barfuß in ihr Auto sprang, um die Verfolgung eines Hondas aufzunehmen, der im Schneckentempo an ihrem Haus vorbeifuhr. Die Lebensgefährtin von Markus K. hatte die Insassen in Verdacht, ihre Garage auszubaldowern. Auf einem Parkplatz an der Hauptstraße stellte sie zwei Jugendliche, die ihr sagten, sie hätten lediglich nach dem Haus eines Freundes gesucht. Er sei Austauschschüler. Sein Name hörte sich für P. an wie Dirden.

Janelle P. ist als Zeugin der Anklage, nicht der Verteidigung, in den Gerichtssaal von Missoula geladen. Doch statt nervös wirkt sie selbstbewusst, als genieße sie es, auf der Bühne zu stehen. Im Konversationston und mit geübter Selbstironie berichtet sie ausführlich von ihrer Privatfahndung nach den Unbekannten, die Marihuana-Utensilien und Kreditkarten aus ihrer Garage entwendeten. "Ich bin ein offenes Buch", sagt P. über sich. "Sie ist eine Schauspielerin", sagt Direns Mutter.

Janelle P. ist Schlüsselfigur im Prozess

Im Prozess um den Tod des Hamburger Austauschschülers ist Janelle P. eine Schlüsselfigur. Eigentlich wäre sie gerne Polizistin geworden, wurde dann aber schwanger und zog mit Markus K. nach Montana. Dessen Mutter spendierte dem Paar ein Haus mit sechs Schlafzimmern in einer wohlsituierten Gegend. Mit selbstgebackenen Keksen suchte Janelle P. den Anschluss zu den Nachbarn.

Doch die neue Familie wurde mit den Zahnärzten und Vermögensberatern in der Siedlung nicht richtig warm. K. ist kein geselliger Mensch. Mit verschlossenem Gesicht sitzt er im Gerichtssaal, spitzt die Lippen und kritzelt auf einem Block herum. Sein Anwalt beschreibt ihn als krankhaften Einzelgänger. Das Marihuana? Eine Form der Selbstmedikation. Ein Nachbarsjunge sagte aus, K. habe schon bei ihrer ersten Begegnung im Dezember geklagt, ihm sei Bargeld gestohlen worden.

Janelle P., die Planerin, installierte ein Babyfon in der Garage und ermittelte im Alleingang. K. holte die Schrotflinte aus dem Keller, lag nächtelang wach und erschreckte die Frisörin Tanya Colby mit der Drohung, er werde ernst machen und die Kids erschießen, die ihn bestohlen hätten. Das Paar einte der Frust über die Polizei, die sich weigerte, eine Razzia in dem Fast-Food-Restaurant zu machen, in dem die Diebe gerade die aus der Garage gestohlene Kreditkarte verwendet hatten.

Buhlen um Geschworenen-Sympathien

Wie in einer US-Fernsehserie buhlen auch in diesem Prozess beide Seiten um die Sympathien der Geschworenen. Verteidiger Paul Ryan insinuierte, die reichen Nachbarn hätten das Garage-Hopping von Fußballspielern als Kavaliersdelikt abgetan. Den Beweis, dass Teamkollegen von Diren beteiligt waren, blieb er vorerst schuldig. Staatsanwältin Jennifer Clark hantierte mit Requisiten wie der Handtasche, die Janelle P. als Köder auslegte - in der dunklen Garage war die schwarze Tasche allerdings wohl kaum so gut zu erkennen wie im Gerichtssaal.

Nächste Woche soll Direns Freund Robby P. aus Ecuador einfliegen, um genauer darüber Auskunft zu geben, was der Schüler in der Garage wollte. Letztlich wird es im Prozess jedoch um die Beweggründe des Täters gehen. Dafür fehlt bisher die Aussage des Todesschützen selbst. Ob die Verteidigung ihn in den Zeugenstand ruft, bleibt nach den Worten von Anwältin Lisa Kauffman "vorerst unser Geheimnis".

Quelle: ntv.de, Henriette Löwisch, AFP

Fall Diren D.Prozesse