Hamburger Behörde war informiert Bruder warnte Waffenclub vor Amok-Schützen
07.04.2023, 12:02 Uhr Artikel anhören
Philipp F. eröffnete am 9. März bei einer Gemeindeversammlung der Zeugen Jehovas das Feuer.
(Foto: picture alliance/dpa)
Am 9. März erschießt Philipp F. bei einer Gemeindeversammlung der Zeugen Jehovas sieben Menschen - darunter ein ungeborenes Baby. Vor der Tat wurden die Behörden auf Wesensveränderungen des 35-Jährigen hingewiesen - nicht nur vom Vater, sondern auch von seinem Bruder.
Nicht nur der Vater, auch der Bruder von Philipp F. hat anscheinend schon Wochen vor der Tat vor dem späteren Amok-Schützen gewarnt. Wie t-online berichtet, wies der Bruder den Schützenclub auf eine "Veränderung" von F. hin. Der Sportschießverein will einen Beamten der Hamburger Waffenbehörde sofort nach diesem Gespräch telefonisch von der Warnung in Kenntnis gesetzt haben - auch darüber, dass der Bruder der Hinweisgeber war, wie es in dem Bericht heißt. Warum die Behörde den Bruder nicht angehört habe, sei noch unklar.
Am Donnerstag war bekannt geworden, dass sich der Vater von F. bereits 2021 an die Behörden gewandt hatte, nachdem bei seinem Sohn psychische Probleme zum Vorschein gekommen waren. Der Vater habe den Sozialpsychiatrischen Dienst angerufen und gesagt, sein Sohn höre Stimmen und wolle sich umbringen, erklärte der Leiter des Hamburger Landeskriminalamts (LKA), Jan Hieber, vor dem Innenausschuss der Hamburger Bürgerschaft. Nach einem Gespräch mit dem Sohn seien jedoch keine weiteren Maßnahmen für nötig befunden worden.
Der 35-Jährige hatte am 9. März bei einer Gemeindeversammlung der Zeugen Jehovas in Alsterdorf sieben Menschen - darunter ein ungeborenes Baby - und schließlich sich selbst getötet. Neun weitere Menschen wurden verletzt. Er nutzte dazu eine halbautomatische Pistole, für die er einen Waffenschein hatte.
Erste Warnung schon 2019
Erste Wesensveränderungen hatte das Umfeld von F. demnach bereits 2019 festgestellt, nachdem dieser seine Beziehung beendet und seinen Arbeitsplatz verloren hatte. Er habe zu dieser Zeit selbst Kontakte zu Ärzten aufgenommen, "um seine psychischen Probleme in den Griff zu bekommen", sagte LKA-Chef Hieber. Zwischenzeitlich sei F. in Bayern in stationärer Behandlung gewesen.
Als F. 2021 angekündigt habe, sich selbst heilen zu wollen, habe sich der Vater entschieden, die Behörden einzuschalten, erklärte Hieber am Donnerstag. Zudem meldete sich zwei Monate vor der Tat ein anonymer Hinweisgeber, der ebenfalls vor F. warnte. Als Beleg führte der Hinweisgeber - mutmaßlich der Bruder - ein Buch von F. an, in dem dieser wirre religiöse Thesen äußerte - auch im Zusammenhang mit dem Holocaust.
Nach Angaben von Hamburgs Innensenator Andy Grote, die er noch vor den jetzt bekannt gewordenen Warnungen des Bruders machte, ist im Umgang mit den Hinweisen dennoch kein Fehler erkennbar. Die Überprüfung des Sportschützen Philipp F. habe dem Standard entsprochen, sagte Grote. "Mit dem Wissen von heute: Das hat nicht ausgereicht. ... Deswegen müssen wir sicherstellen, dass in Zukunft mit derartigen Hinweisen noch umfassender umgegangen wird."
Quelle: ntv.de, chr/dpa