Frauen ins Krankenhaus geprügelt Brutales Schläger-Video versetzt China in Rage
13.06.2022, 18:41 Uhr
In Tangshan patroulliert nach der Tat die Polizei vor den Restaurants.
(Foto: picture alliance / CFOTO)
Schockierende Aufnahmen einer Überwachungskamera: Männer prügeln in China auf am Boden liegende Frauen ein, zerren sie an den Haaren über den Gehweg, treten auf ihre Köpfe ein. Das Video löst im Reich der Mitte Schock und Wut aus - und Diskussionen über die Sicherheit und die Rechte von Frauen.
Nach einem brutalen Überfall auf vier Frauen in der nördlichen Stadt Tangshan am Freitag sind in China neun Personen festgenommen worden. Das teilte die örtliche Polizei am Wochenende mit. Ein Video einer Überwachungskamera, das Szenen des Vorfalls zeigt, war in den sozialen Medien veröffentlicht worden und löste landesweit eine Schockstarre und zugleich Wut, Empörung und hitzige Diskussionen im Internet über die Sicherheit und die Rechte von Frauen in China aus.
Die schockierenden Überwachungsaufnahmen zeigen, wie ein Mann in einem Restaurant zu einer Frau geht, die mit ihren Begleitern am Tisch sitzt und isst. Der Mann legt der Frau seine Hand auf ihren Rücken, daraufhin packt sie ihn am Handgelenk und stößt ihn weg. Nach einem kurzen Wortgefecht schlägt ihr der Mann ins Gesicht und stößt sie zu Boden, als sie sich gegen ihn wehren will.
Ihre Freundinnen versuchen, ihr zu helfen, aber auch sie werden von dem Mann und seinen Begleitern, die in das Restaurant stürmen, als die Gewalt ausbricht, brutal angegriffen. Die Gruppe von Männern zerrt die erste Frau an den Haaren durch die Tür, schlägt mit Flaschen und Stühlen auf sie ein und tritt ihr wiederholt auf den Kopf, während sie blutverschmiert auf dem Gehweg liegt.
Kein isoliertes Ereignis
Die Polizei von Tangshan teilte mit, dass zwei der Frauen nach dem Angriff ins Krankenhaus eingeliefert werden mussten, sich aber mittlerweile in einem stabilen Zustand befinden. Zwei weitere Frauen erlitten leichte Verletzungen. Am Samstag wurde in einem Update mitgeteilt, dass alle neun Verdächtigen, darunter sieben Männer und ihre beiden Begleiterinnen, festgenommen wurden. Online-Videos zeigen, wie mittlerweile Polizei vor den Restaurants in Tangshan patrouilliert.
Die Überwachungsaufnahmen der Tat verbreiteten sich in China nach ihrer Veröffentlichung im Internet wie ein Lauffeuer, wurden hunderte Millionen Mal geklickt und lösten Schock, Zorn und einen landesweiten Aufschrei über die Sicherheit von Frauen aus. Viele Userinnen und User zeigten sich entsetzt, dass eine Frau so brutal zusammengeschlagen wurde, nur weil sie die sexuelle Belästigung durch einen Mann zurückgewiesen hatte und stellten die Sicherheit von Frauen in China infrage.
Andere beschimpften die Polizei, weil sie nichts unternahm, bis der Vorfall im Internet bekannt wurde und kritisierten Geschlechterungleichheit, die stark patriarchalische Gesellschaft, weit verbreitete Frauenfeindlichkeit und systematische Gewalt gegen Frauen im Reich der Mitte. Die Behörden und die staatlichen Medien hatten sogleich versucht, den Angriff als isoliertes Ereignis darzustellen und den Schwerpunkt von geschlechtsspezifischen Fragen auf lokale Bandengewalt zu verlagern.
Wieder geringe Strafen?
- Bei akuter Bedrohung: Notruf 110
- Beratung in Krisensituationen: Das Hilfetelefon "Gewalt gegen Frauen" (08000 116 016, Anruf kostenfrei)
- Kinder- und Jugendtelefon (Tel.: 0800/111-0-333 oder 116-111; Mo-Sa von 14 bis 20 Uhr)
- Das Hilfetelefon bietet auch eine Online-Beratung per E-Mail oder Chat an.
- Frauenhäuser bieten Schutz vor Bedrohung und die Mitarbeiterinnen können bei weiteren Schritten beraten.
Die brutale Attacke sei "kein isolierter sozialer Vorfall, sondern Teil eines ganzen Systems geschlechtsspezifischer Gewalt", steht dagegen in einem in den chinesischen sozialen Medien viel geteilten Artikel geschrieben. "Wir müssen daher die 'Entsystematisierung' von geschlechtsspezifischer Gewalt und geschlechtsspezifischen Fragen ausdrücklich zurückweisen und anerkennen, dass es in unserem Umfeld immer noch Kräfte gibt, die Männer unterstützen, ermutigen und antreiben, geschlechtsspezifische Gewalt gegen Frauen zu verüben."
Aber solche Diskussionen gefallen der autoritären chinesischen Regierung, die seit langem hart gegen die chinesische Frauenbewegung vorgeht und Aktivistinnen verhaftet und zum Schweigen bringt, nicht. Laut dem US-Fernsehsender CNN wurde der auf WeChat veröffentlichte Artikel in China zusammen mit anderen Social-Media-Beiträgen zu Geschlechterfragen aus dem Internet gelöscht. Weibo, Chinas Twitter-ähnliche Plattform, teilte am Samstag in einer Erklärung mit, dass sie 992 Konten gesperrt habe, weil sie bei der Diskussion über den Angriff in Tangshan unter anderem "absichtlich eine Konfrontation zwischen den Geschlechtern provoziert" hätten.
Welche Strafen die Männer erwarten, ist noch unklar. Geschlechtsspezifische Gewalt wird in China meist mit relativ geringen Strafen belegt. 2020 wurde etwa eine 25-jährige Frau, nachdem sie sich gegen die sexuelle Belästigung eines Mannes gewehrt hatte, von einer Gruppe Männer so lange geprügelt, bis sie bewusstlos wurde. Die Täter wurden lediglich 10 bis 13 Tage lang inhaftiert.
Quelle: ntv.de, dbe