Der Fall Maddie McCann Das pralle Vorstrafenregister des Christian B.
04.06.2020, 17:29 Uhr
Seit 2007 suchen die Eltern nach ihrer Tochter Maddie.
(Foto: picture alliance/dpa)
Jahrelang gibt es keine konkrete Spur zu der verschwundenen Madeleine McCann. Jetzt steht ein Deutscher im Fokus der Ermittler. Christian B. ist der Polizei kein Unbekannter. Seit seiner Jugend hat er zahlreiche Straftaten begangen, darunter auch Kindesmissbrauch.
Das seit gut 13 Jahren verschwundene britische Mädchen Madeleine McCann ist möglicherweise einem mehrfach verurteilten Sexualstraftäter zum Opfer gefallen. Davon gehen inzwischen deutsche Ermittler aus. Im Verdacht steht ein 43-jähriger Deutscher - mit einem prall gefüllten Vorstrafenregister. So wurde er bereits als Jugendlicher wegen sexuellen Missbrauchs von Kindern verurteilt, wie aus Polizeiakten hervorgeht, die ntv vorliegen.
Insgesamt 17 Einträge soll seine Strafakte laut "Spiegel "mittlerweile umfassen. In den vergangenen Jahren ermittelte die Polizei unter anderem wegen "Fahren ohne Fahrerlaubnis, Körperverletzung, schwerem Diebstahl und Trunkenheit im Verkehr" gegen den Mann.
Schon vor rund 27 Jahren, im Oktober 1993, verhängte das Amtsgericht Würzburg eine zweijährige Jugendstrafe gegen den damals noch Minderjährigen wegen "sexuellen Missbrauchs eines Kindes, versuchten sexuellen Missbrauchs eines Kindes sowie Vornahme sexueller Handlungen vor einem Kind", wie aus Gerichtsunterlagen hervorgeht.
2016 wurde Christian B. erneut wegen Kindesmissbrauchs verurteilt, ein Jahr später wegen Körperverletzung. Derzeit sitzt der Mann in Kiel eine alte Haftstrafe ab, die das Amtsgericht Niebüll bereits 2011 gegen ihn verhängt hatte. Dabei ging es um Handel mit Betäubungsmitteln. Parallel ist wegen der Vergewaltigungsvorwürfe gegen ihn Untersuchungshaft angeordnet.
Zuletzt verurteilte ihn das Landgericht Braunschweig am 16. Dezember 2019 wegen schwerer Vergewaltigung und unter Einbeziehung früherer Strafen zu sieben Jahren Haft. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Tatort war wie in Maddies Fall die Algarve in Portugal. Christian B. hatte dort eine 72-jährige Amerikanerin vergewaltigt und ausgeraubt. Erst zehn Jahre später konnte der Deutsche anhand einer DNA-Spur überführt werden. Ein Haar am Tatort wurde ihm zum Verhängnis.
Christian B. wird als aggressiv beschrieben
Jetzt steht Christian B. im Fall Maddie im Fokus der britischen, deutschen und portugiesischen Polizei. Zur Tatzeit soll er in Portugal gelebt haben. Außerdem verbindet ihn ein Handy mit dem Tatort: Der Verdächtige soll am Abend von Maddies Verschwinden einen Anruf in der Region um Praia de Luz entgegengenommen haben.
Die "Braunschweiger Zeitung" schrieb im Rückblick auf den Gerichtsprozess von 2011, dass der in einem schlichten grauen Shirt und etwas zu großer Jeans gekleidete Mann intelligent gewirkt habe. Deutsche Zeugen aus portugiesischer Zeit hätten ihn als Glücksritter beschrieben, "der versucht hat, was auszustrahlen, aber auch nicht auf großen Zampano gemacht hat". Eine frühere Nachbarin aus Portugal beschrieb den Verdächtigen als aggressiv. "Er war immer ein bisschen wütend, ist die Straße schnell hoch- und runtergefahren, und eines Tages, so um 2006, verschwand er ohne ein Wort", berichtete die Frau dem britischen Sender Sky News.
Auch Norbert M. (Name geändert) aus Braunschweig, der in einer Wohnung lebt, die zuvor von Christian B. als Kiosk betrieben wurde, beschrieb den Verdächtigen gegenüber RTL als aggressiv. "Er hat mich sogar mal zusammen mit anderen Menschen mit einem Messer bedroht", sagte er. Er sei auch aggressiv zu seinen Kunden gewesen. "Er hatte eine minderjährige Freundin aus dem Kosovo", sagte Norbert M. Mit kleinen Kindern habe er ihn nie gesehen. Michael Franziskowski, der Christian B. bei seinem Verfahren wegen Vergewaltigung 2019 vor dem Landgericht Braunschweig verteidigte, sagte RTL telefonisch: "Ich habe erst gestern von den neuen Vorwürfen gegen meinen Mandanten erfahren. Ich werde jetzt erstmal darüber mit ihm sprechen müssen."
Madeleine McCann verschwand vor 13 Jahren. Das damals dreijährige Mädchen war mit ihren Eltern und ihren Geschwistern in Praia da Luz im Urlaub. Seit dem 3. Mai 2007 fehlt von ihm jede Spur. Die Ermittler waren von einer Entführung ausgegangen, zeitweise verdächtigten sie auch die Eltern.
Quelle: ntv.de, ibu mit dpa