Frost und neuer Schnee Der Winter dreht jetzt richtig auf
30.11.2023, 15:05 Uhr Artikel anhören
Tief "Robin" bringt einen standesgemäßen Start in den meteorologischen Winter: Nach kurzer Verschnaufpause bedeutet dies auch in den tieferen Regionen neuen gefrierenden Regen, Glatteis und neuen Schnee. ntv-Meteorologe Björn Alexander nutzt den Dezemberbeginn zu einer kleinen Herbst-Bilanz.
ntv.de: Wie sind die aktuellen Prognosen?
Björn Alexander: Derzeit greift Tief "Robin" von Südwesten her ins Wettergeschehen ein. Das betrifft insbesondere den Süden unseres Landes. Hier bahnt sich jetzt nämlich ein äußerst gefährlicher Wetter- und Glätte-Mix an. Grund ist eine Luftmassengrenze, an der mildere Luft aus Süden kurzzeitig auf die Kaltluft trifft.
Was bedeutet das konkret?
Die Schneefallgrenze steigt kurz mal an, was dafür sorgt, dass sich in den Lagen unter etwa 800 Metern Schneeregen oder Regen untermischen. Das wiederum sorgt für gefrierenden Regen und Glatteis mit extremer Glättegefahr. Zumal anschließend die Kaltluft nachrückt, sodass die Nässe überfrieren kann, bevor abermals Schnee nachfolgt. Eine üble Gemengelage! Das Ganze in der Nacht bei Temperaturen um den Gefrierpunkt in der Südhälfte und teilweise strengem Frost im Norden.
Bis wohin sacken die Temperaturen bei den Nordlichtern ab?
Nachdem dort in der Nacht zum Donnerstag schon mal Tiefstwerte um die minus 15 Grad erreicht wurden, wird es auch in der Nacht zum Freitag ähnlich arktisch. Über dem Schnee und unter Aufklarungen mit Tiefstwerten um die minus 12 Grad.
Welche Entwicklung erwartet uns am Freitag?
Südlich der Mittelgebirge weiterer Schnee, der ungefähr vom Oberrhein bis nach Niederbayern noch lange als Regen beziehungsweise als gefrierender Regen fällt, aber im Laufe des Tages wieder zunehmend in Schnee übergeht. An der Küste erwarten uns ebenfalls Schneeschauer, dazwischen bleibt es hingegen trocken und zeitweise sonnig. Die Temperaturen: weiterhin kalt mit häufigem Dauerfrost in der Mitte und im Norden sowie 0 bis 6 Grad im Süden.
Und am Wochenende?
Am Samstag folgt im Süden und Osten weiterer Schnee, während es in der Nordwesthälfte wechselhaft mit sonnigen Anteilen weitergeht. Dazu wird es auch im Süden wieder kälter - mit eiskalten Nächten, einem mitunter lebhaften Wind und Tageshöchstwerten von minus 6 bis plus 2 Grad, die sich teilweise aber wie zweistellige Minusgrade anfühlen. Am Sonntag bleibt es ähnlich kalt, die Schneeschauer lassen aber nach und der Süden bekommt sogar sonniges Winterwetter.
Mit wie viel Schnee muss der Süden bis zur Beruhigung rechnen?
Im Detail ist das für die Tieflagen aufgrund der schwankenden Schneefallgrenze noch schwer zu sagen. Allerdings sind Neuschneemengen von 5 bis 20 Zentimeter denkbar. Die höheren Lagen, in denen es durchweg schneit, können in Spitzen dagegen auf einen halben Meter Schneezuwachs oder mehr kommen - insbesondere in Richtung Alpen. Außerdem drohen Schneeverwehungen und -verfrachtung mit einer entsprechenden Erhöhung der Lawinengefahr.
Meteorologisch gesehen beginnt am 1. Dezember der Winter. Wie geht dieser Herbst in die Wetterchroniken ein?
In jeglicher Hinsicht sehr spendabel. Nämlich zu warm, deutlich zu nass und dennoch überdurchschnittlich sonnig. Eine durchaus außergewöhnliche Mischung, die vor allem den Tiefdrucklagen geschuldet ist und uns den regenreichsten Herbst seit dem Jahr 2002 bescherte. Außerdem erlebten wir den wärmsten Herbst seit 2006.
Und das trotz der eisigen Kälte, die derzeit Deutschland beherrscht?
Insbesondere der September gibt in Sachen Sonne und Wärme den Ausschlag. Denn mit fast 250 sonnigen Betriebsstunden und einem Temperaturmittel von fast 17,5 Grad, eröffnete er uns zunächst noch einen vielfach goldenen Start in den Herbst.
Aber das änderte sich dann ja dramatisch…
Zumindest in Bezug auf den Regen. Der Oktober brachte Deutschland im Schnitt rund 100 Liter je Quadratmeter - das entspricht gut 170 Prozent des normalen Niederschlagssolls. Nochmals intensiver gestalteten sich die Wetterlagen im November. Mit über 120 Litern je Quadratmeter kam fast das Doppelte der ansonsten üblichen Niederschlagsmenge vom Himmel.
Wo war es im November am nassesten?
Deutlich über 500 Liter pro Quadratmeter vermeldeten drei Wetterstationen im Süden: Bernau-Goldbach mit über 540 Litern, Sankt Blasien-Menzenschwand mit über 530 - beide Orte liegen in Baden-Württemberg - sowie Balderschwang in Bayern mit um die 520 Litern pro Quadratmeter. In der Jahressumme sind wir damit in Deutschland übrigens schon bei über 100 Prozent angelangt. Das entspricht im Deutschlandmittel gut 840 Litern pro Quadratmeter.
Thema Wasser im Boden: Gibt es noch zu trockene Ecken in Deutschland?
Direkt im Oberboden tatsächlich nicht. In den tieferen Bodenschichten von einem bis zwei Metern nur noch ganz vereinzelt. Alles in allem ist die Entwicklung aber wirklich großartig für den Wasserhaushalt im Allgemeinen sowie speziell für die Grundwasser-Neubildung, sodass wir auch entspannter auf das nachfolgende Frühjahr blicken können. So gut sah es schon seit Jahren nicht mehr aus - zumal die experimentellen Langfristvorhersagen den Winter 2023/2024 ebenfalls zu nass bewerten.
Welche Auffälligkeiten sind bei den Details der Klimabilanz noch erwähnenswert?
Beispielsweise der Blick auf die Temperaturen im September und Oktober. So war der September im Vergleich zum langjährigen Klimamittel, da gilt der Referenzzeitraum 1961 bis 1990, knapp 4 Grad zu warm und damit so warm wie kein September seit dem Beginn regelmäßiger Aufzeichnungen. Der Oktober spielte ebenfalls ganz oben mit, brachte es schlussendlich auf 3 Grad Temperaturüberschuss und landete damit auf Platz 5 der wärmsten Oktober-Monate seit dem Jahr 1881. Kältere Phasen gab es hierbei dementsprechend nur zwei: Eine mit ersten Nachtfrost-Ansätzen der Saison im Oktober und dann den markanten Wintereinbruch im letzten Novemberdrittel.
Quelle: ntv.de