Panorama

Krönung in Thailand Der verlorene Königssohn kommt nach Hause

Die "Große Krone des Sieges" trägt nun Rama X.

Die "Große Krone des Sieges" trägt nun Rama X.

(Foto: picture alliance/dpa)

Die Thailänder haben ein zwiespältiges Verhältnis zu ihrem König. Seinen verstorbenen Vater lieben sie noch immer, er selbst ist ihnen eher fremd. Nun ist Rama X. endlich offiziell gekrönt. Was macht den als Lebemann geltenden 66-Jährigen aus?

Den Mann, der seit zweieinhalb Jahren ihr König ist, kennen die Thais nun schon in den verschiedensten Gestalten. Als überlebensgroßen Monarchen, so wie er in Bangkok auf Plakaten von hohen Gebäuden hängt. Oder, wie auf den neuen Geldscheinen, als jungen Mann. Als strengen Herrscher aus der Ferne, der seiner Schwester verbietet, in die Politik zu gehen. Und auch die wenig standesgemäßen Auftritte, die Maha Vajiralongkorn während seiner vielen Deutschland-Aufenthalte hatte, haben sie zur Kenntnis genommen.

Am heutigen Samstag sehen die knapp 70 Millionen Thailänder ihren König jedoch wie nie zuvor: in handgesticktem Ornat, in goldenen Knickerbockern und mit Pantoffeln, deren Sohle aus Blattgold besteht. Und: mit Krone. 30 Monate nach dem Tod seines Vaters Bhumibol ist der Monarch endlich gekrönt. Am Sonntag wird der König auf einer Sänfte sieben Kilometer durch die Stadt getragen. Dazu werden Hunderttausende erwartet - alle auf Knien, wie sich das gehört. Wer stehen bleibt, muss damit rechnen, ein Stöckchen in die Kniekehle zu bekommen.

Für die Thais ist es eine der ersten Gelegenheiten, den Monarchen, der sehr oft im Ausland ist, aus der Nähe zu sehen. Wenn der Pomp vorüber ist, wird Rama X. - so der offizielle Name - alle Würden eines Thai-Monarchen haben. Künftig darf er unter einem neunstufigen Schirm sitzen, was in Thailand noch wichtiger ist als die Krone. Zudem darf er sich Devajara nennen, göttlicher Herrscher.

An die letzte solche Zeremonie können sich nur noch die Ältesten erinnern. Die Krönung im Großen Palast ist die erste seit fast sieben Jahrzehnten. Als Bhumibol sich die "Große Krone des Sieges" aufsetzte - ein turmartiger Helm aus Gold von mehr als sieben Kilo Gewicht, 66 Zentimeter hoch, besetzt mit Diamanten - schrieb man das Jahr 1950.

Im Schatten des Vaters

Bhumibol blieb so lange an der Macht wie kein anderer König der jüngeren Weltgeschichte. Selbst die Queen würde ihn erst 2022 überholen. Überhaupt hatte Thailand seit Beginn der Chakri-Dynastie 1782 nur neun Monarchen. Alle bekamen den Namen Rama, was auch für Leute aus dem Westen einfacher ist als die schier endlosen Thai-Namen. Dann wurde strikt durchnummeriert. Rama X. heißt in ganzer Länge Maha Vajiralongkorn Bodin Dradebaya Warangkun. In etwa bedeutet das: "König der Blitze, Abkömmling von allmächtigen Gottheiten". Kein Wunder, dass so jemand ein großes Ego hat.

Königin Suthida wurde erst in dieser Woche ernannt.

Königin Suthida wurde erst in dieser Woche ernannt.

(Foto: picture alliance/dpa)

Bislang - das darf man wohl trotz des sehr strengen Gesetzes sagen, das ihn vor jeder Form von "Majestätsbeleidigung" schützt - sind die Thais mit ihrem jetzigen Monarchen noch nicht warm geworden. Am meisten verehrt wird immer noch Bhumibol, gefolgt von seiner Witwe Sirikit, die mit ihren 86 Jahren gerade ins Krankenhaus musste. Mit dem Sohn der beiden - dem einzigen neben drei Töchtern - haben es die Thais bislang nicht so. Sirikit selbst sagte einst den Satz, der ihm bis heute nachhängt: "Mein Sohn hat etwas von einem Don Juan. Frauen finden ihn interessant, und er findet Frauen noch interessanter."

Mit 13 wurde er auf Schulen ins Ausland geschickt, zunächst England, dann Australien. Dort schloss er eine Militärakademie ab. Er feierte viel und in wechselnder Begleitung. So kam der Ruf des Lebemanns. Aus drei gescheiterten Ehen hat er zwei Töchter und fünf Söhne. Die Dinge sind kompliziert. Als mutmaßlicher Thronfolger gilt der Jüngste, Prinz Dipangkorn Rasmijoti.

Tutzinger bekommen nur wenig mit

Anfangs dieser Woche wusste man noch nicht einmal genau, mit wem Rama X. heute zusammenlebt. Am Mittwoch jedoch brachte er eine der wichtigsten Familienangelegenheiten in Ordnung: Er heiratete seine ehemalige Leibwächterin Suthida und ernannte sie auch zur Königin. Bei der Hochzeit musste die frühere Stewardess im langen Kleid aus rosa Thai-Seide vor ihrem Mann zu Boden gehen. Der König, in weißer Uniform und schwarzen Lackschuhen, salbte ihr dann die Stirn.

Es waren andere Bilder als die, die man von den beiden aus Bayern kennt. Dort hat Rama X. seit ein paar Jahren eine Villa, in Tutzing am Starnberger See - bei einem geschätzten Vermögen von mehr als 35 Milliarden Euro nur eine kleinere Immobilie. Die Tutzinger bekommen vom "Thai-Kini" nur wenig mit. Bekannt ist, dass der jüngste Sohn in der Nähe zur Schule geht.

Als das Höhlendrama um ein thailändisches Fußball-Team im letzten Sommer die Welt bewegte, schrieb der 14-jährige Prinz den Jungen einen Brief - auf Deutsch: "Liebe Kinder, ihr hattet sicher große Angst. Aber ich habe immer an euch gedacht. Ich bin überglücklich, dass ihr alle gesund seid." Das löste Erstaunen aus: wegen der Sprache, aber auch, weil der Prinz in der Lage war, Mitgefühl auszudrücken. Der Vater auch?

Große Aufregung um Kandidatur der Schwester

Den Willen zur Macht hingegen hat Maha Vajiralongkorn zur Genüge bewiesen. Obwohl die absolute Monarchie schon lange vorbei ist, hat er eine hochpolitische Rolle. Ohne seine Gunst kann keine Regierung überleben - auch die Militärs nicht, die vor fünf Jahren wieder einmal putschten. Bei Audienzen müssen auch sie auf die Knie. Als neuer König setzte er durch, dass er keinen Vertreter mehr braucht, wenn er - wie so oft - im Ausland ist. Zudem sicherte er sich volle Kontrolle über den riesigen Firmenbesitz der Dynastie.

Für die größte Aufregung jedoch sorgte er im Frühjahr, als er seiner Schwester Ubolratana verbot, gegen die Militärs als Premierministerin zu kandidieren. Offizielle Begründung: Das Königshaus stehe über der Politik. Für viele sieht es jedoch so aus, als ob Rama X. aktuell auf der Seite der Militärs ist. Zum Schluss der Feiern will sich der König am Montag - wie nach Krönungen üblich - von einem Balkon aus ans Volk wenden. Zu sagen gäbe es einiges.

Quelle: ntv.de, Christoph Sator, dpa

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