Panorama

Rechenfehler und falsche Proben Doppelpanne trübt schwedischen Weg

Volle Parks, volle Cafés und offene Schulen: Schweden geht in der Pandemie einen Sonderweg.

Volle Parks, volle Cafés und offene Schulen: Schweden geht in der Pandemie einen Sonderweg.

(Foto: AP)

Schweden steht wegen seines Umgangs mit der Coronavirus-Pandemie international im Fokus. Trotz rasant steigender Infiziertenzahlen glaubt die Regierung in Stockholm, das Schlimmste bereits hinter sich zu haben. Zwei fehlerhafte Studien lassen jedoch Zweifel an dieser Annahme aufkommen.

Schweden versucht mit lockeren Regeln und viel Freiwilligkeit der Bevölkerung die Ausbreitung des Coronavirus einzudämmen. Ungeachtet der hohen Infiziertenzahlen vertrauen Schwedens Regierung und Gesundheitsbehörde auf den Staatsepidemiologen Anders Tegnell. Und Tegnell glaubt, das Land habe den Höhepunkt der Infiziertenzahlen bereits überschritten und sei auf dem Weg zur "Herdenimmunität" - entsprechend wären 60 Prozent der Bevölkerung bereits mit dem Virus infiziert gewesen. Zwei fehlerhafte Studien lassen jedoch Zweifel an den Zahlen der Regierung aufkommen.

Das schwedische Karolinska-Institut hat jüngst eine Studie zurückgezogen, die Auskunft über das Maß der Infizierten im Land geben sollte. Ursprünglich konnte in 11 Prozent der 100 Blutproben das Virus nachgewiesen werden. Die Regierung zog daraufhin den Schluss, dass 20 bis 30 Prozent aller Schweden bereits eine Immunität entwickelt hätten. Wie die Rechnung zustande kam, ist unklar. Das Institut musste jedoch einräumen, dass unter den Proben wissentlich Infizierte gewesen sein könnten - die Studie also keinem echten Querschnitt der Bevölkerung entspreche.

Tegnell selbst, der für den schwedischen Sonderweg steht, musste ebenfalls einen Rückzieher machen. Die Gesundheitsbehörde ging aufgrund einer Studie von einer Dunkelziffer der Infizierten aus, wonach auf einen bekannten Fall 999 weitere unbekannte Infiziertenfälle kämen. Eine unhaltbare Rechnung, da in dem skandinavischen Land die Zahl der Infizierten bei rund 16.000 liegt - entsprechend wären mehr Menschen unbekannt infiziert als Schweden Einwohner hat. "Man hat eine falsche Variable verwendet", räumte Tegnell nun kleinlaut ein.

Wegen seines Umgangs mit der Pandemie steht Schweden international im Fokus. Die Regierung schreibt nur vergleichsweise geringe Beschränkungen des Alltags vor. Schulen, Kitas sowie Cafés und Restaurant sind unter bestimmten Abstandsregeln weiterhin geöffnet.

Nachdem das Land die Schwelle von 2000 Todesfällen angekratzt hatte, mahnte Ministerpräsident Stefan Löfven die Bevölkerung. "Glauben Sie nicht für einen Augenblick, dass wir die Krise gemeistert haben", sagte der Sozialdemokrat. Die Gefahr sei noch lange nicht vorbei. Auch wenn sich die überwiegende Mehrheit der Bürger an die Abstandsregeln gehalten habe, sei die Regierung bereit, weitere Maßnahmen zu ergreifen. Allen Gastronomen müsse klar sein, "dass Restaurants und Bars geschlossen werden, wenn man sich nicht an die Regeln hält".

Quelle: ntv.de, mba/dpa

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