Einkaufen im Supermarkt Einweghandschuhe so wichtig wie Masken?
02.04.2020, 20:08 UhrDie Nachfrage nach Gesichtsmasken ist groß, weil sie unter anderem im Supermarkt die Gefahr einer Übertragung des Coronavirus mindern können. Doch wie sieht es mit Einweghandschuhen aus? Sollte man sie beim Einkauf tragen oder machen sie vielleicht alles noch schlimmer?
Erst hieß es, es sei unnötig, doch inzwischen empfehlen immer mehr Fachleute, beim Einkauf Gesichtsmasken zu tragen. Ohne Zertifizierung schützen sie zwar kaum vor einer Ansteckung, verhindern aber wohl recht effektiv eine Verbreitung des neuartigen Coronavirus durch Tröpfcheninfektion. Auch das Robert-Koch-Institut (RKI) räumt dies inzwischen ein. Aber wie verhält es sich mit Einweghandschuhen? Immer mehr Menschen tragen sie im Supermarkt, um sich Covid-19 nicht über die Griffe von Einkaufswagen und -körben oder Kühlvitrinen einzufangen. Es gibt gute Argumente für die Wegwerfhandschuhe, es spricht aber auch einiges gegen ihren Einsatz beim Einkauf.
Schmierinfektion unwahrscheinlich
In der Regel wird das Virus wahrscheinlich durch Tröpfcheninfektion übertragen. Grundsätzlich besteht aber auch die Gefahr, sich durch eine sogenannte Schmierinfektion anzustecken, wenn man kontaminierte Oberflächen anfasst. Welche Rolle sie spielt, sei aber nicht bekannt, schreibt das RKI. Es fehlen bisher also aussagekräftige wissenschaftliche Studien.
Die am häufigsten zitierte Untersuchung stammt aus den USA. Wissenschaftler mehrerer Universitäten fanden bei Laborversuchen unter anderem heraus, dass Sars-CoV-2 bis zu 24 Stunden auf Kartonoberflächen und zwei bis drei Tage auf Edelstahl oder Kunststoff infektiös bleiben kann. Laborversuche sind aber nicht unbedingt 1:1 in die Realität übertragbar.
Virologe Christian Drosten von der Berliner Charité vermutet, dass für den Versuch Viren in einem größeren Tropfen aufgetragen wurden. Und obwohl so noch nach Stunden eine Infektiösität nachweisbar sei, hätten wahrscheinlich nur "sehr, sehr wenige" überlebt.
Auf Fingern verdünne sich der Virengehalt weiter und komme mit dem sauren Milieu der Haut in Kontakt. Ob da noch etwas übrig bleibe, wisse man nicht. Das könnten so einfache Experimente nicht simulieren, sagt Drosten. Das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) schreibt dazu, ihm seien bisher keine Infektionen mit Sars-CoV-2 über das Berühren von Oberflächen bekannt.
Trotz allem raten Behörden und Fachleute nicht grundlos zum regelmäßigen Händewaschen. Schließlich ist eine Infektion über Griffe im Supermarkt nicht ausgeschlossen, auch wenn dies offenbar sehr unwahrscheinlich ist. Also könnte man bei Einweghandschuhen wie bei Masken sagen, Einkaufen mit ihnen ist grundsätzlich sicherer, also sollte man auch welche tragen, oder?
Keimschleuder statt effektiver Schutz
Es kommt darauf an. Handschuhe schützen natürlich vor einem direkten Kontakt der Hände mit den Viren. Wenn man sich mit den Handschuhen dann aber ins Gesicht fasst, hat man nichts gewonnen. Außerdem scheint Sars-CoV-2 auf glatten Kunststoffoberflächen länger zu überleben als auf Haut.
"Eigentlich ist so ein Handschuh eine Keimschleuder", sagte der Lungenarzt Jens Mathew dem SWR3. "Er hat sehr viel mehr Bakterien in kürzester Zeit auf der Oberfläche als eine frisch gewaschene Hand." Und Hygieniker sagten, Einweghandschuhe verteilten auch wesentlich mehr Keime.
Ein weiteres Problem sei, dass die Haut unter einem Kunststoff-Handschuh schwitzt und stark aufquillt, wenn man ihn länger trägt, so der Lungenarzt. Dies böte Viren und Bakterien einen besonders leichten Zugang zum Körper.
Wenn schon, dann bitte richtig
Gar nicht so einfach ist es schließlich, die Einmalhandschuhe wieder auszuziehen, ohne sie dabei mit den bloßen Händen zu berühren. Und schließlich müssen sie korrekt entsorgt werden. Es mehren sich nämlich Berichte, wonach Kunden die gebrauchten Handschuhe einfach in den Einkaufswagen oder ins Gebüsch oder den Bürgersteig werfen, beispielsweise in Soest. Das ist rücksichtslos gegenüber anderen Kunden und der Umwelt.
Letztendlich muss man wohl sagen, dass Einweghandschuhe die Träger nicht wirklich und schon gar nicht andere Menschen schützen. Effektiver ist es, sich vor und nach dem Einkauf gründlich die Hände zu waschen, sich auf keinen Fall ins Gesicht zu fassen und die Abstandsregeln einzuhalten. Und aus Respekt vor den Angestellten und anderen Kunden ist es auch gut, eine einfache Maske zu tragen - wenn man eine bekommen kann.
Quelle: ntv.de