"Im besten Interesse der Kirche" Erzbischof von Canterbury tritt nach Missbrauchsskandal zurück
12.11.2024, 18:28 Uhr Artikel anhören
Justin Welby war der oberste Geistliche der Kirche von England.
(Foto: REUTERS)
Enthüllungen über einen Missbrauchsskandal in der anglikanischen Kirche setzen auch das geistliche Oberhaupt unter Druck. Der Erzbischof von Canterbury zieht nun einen Schlussstrich unter seine Amtszeit.
Das geistliche Oberhaupt der Anglikanischen Kirche, Erzbischof Justin Welby, ist nach Kritik an seinem Umgang mit Missbrauchsfällen zurückgetreten. "Ich glaube, dass mein Rücktritt im besten Interesse der Kirche von England ist", sagte Welby. Ihm sei klar, dass er die persönliche und institutionelle Verantwortung für seine gesamte Amtszeit übernehmen müsse.
Welby war nach einem vergangene Woche veröffentlichten unabhängigen Bericht in die Kritik geraten, demzufolge ein Freiwilliger in christlichen Sommerferienlagern über fünf Jahrzehnte etwa 30 Jungen und junge Männer in Großbritannien und 85 in Afrika sexuell, seelisch und körperlich misshandelt habe. Der 251-seitige Bericht kommt zu dem Schluss, Welby habe es versäumt, den Mann den Behörden zu melden, als er im August 2013, kurz nach seiner Ernennung zum Erzbischof von Canterbury, von dem Missbrauch erfuhr. Welby räumte ein, die Vorwürfe nicht energisch genug verfolgt zu haben, lehnte aber noch am Montag einen Rücktritt ab. Die Fälle wurden erst durch einen Fernsehbericht 2017 öffentlich bekannt. Der mutmaßliche Täter starb im Jahr darauf.
Mit dem Schritt an die Seite der Opfer stellen
Mitglieder der Generalsynode der Kirche von England forderten Welby zum Amtsverzicht auf, starteten auf Change.org eine Petition und erklärten, der Erzbischof habe "das Vertrauen seiner Geistlichen verloren". Die Bischöfin von Newcastle, Helen-Ann Hartley, nannte Welbys Position unhaltbar.
Auch eines der Opfer legte Welby den Rücktritt nahe. Ein solcher Schritt sei eine Gelegenheit für den Erzbischof, sich an die Seite "aller Opfer zu stellen, die von der Kirche von England in ihren eigenen Missbrauchsfällen nicht richtig behandelt wurden", sagte Andrew Morse der BBC.
Der Erzbischof von Canterbury ist der oberste Geistliche der Kirche von England und gilt zugleich als das geistliche Oberhaupt der anglikanischen Gemeinschaft, zu der sich mehr als 85 Millionen Mitglieder in 165 Ländern bekennen. In Bezug auf die anderen nationalen Oberhäupter der Gemeinschaft agiert er als Erster unter Gleichen.
Quelle: ntv.de, mba/AP