Extreme Hochwassergefahr Es regnet viel - nur wo, ist noch unklar
10.09.2024, 14:50 Uhr Artikel anhören
So sieht es derzeit wieder in Deutschland aus.
(Foto: dpa)
Der Sommer verabschiedet sich abrupt, seit Wochenstart ist es kühler. Doch es wird noch extremer: In den Höhenlagen schneit es massiv, in den niedrigeren Gegenden regnet es teils ausgiebig. Wann und wo Hochwassergefahr besteht, ist schwer zu prognostizieren, erklärt ntv-Meteorologe Alexander.
ntv.de: Der Sommer scheint vorbei - oder hat er jetzt noch nennenswerte Chancen?
Björn Alexander: Bis einschließlich des Wochenendes auf jeden Fall erst einmal nicht mehr. Stattdessen müssen wir uns mit Extremwetter der etwas anderen Art auseinandersetzen.
Das da wäre?
Einerseits mit einem durchaus massiven Wintereinbruch auf den Bergen der Alpen oberhalb von rund 1500 Metern. Andererseits mit zum Teil erheblichen Regenmengen und Hochwassergefahr, die auch bis zu uns nach Deutschland reichen könnten.
Wie kommt es zu dem radikalen Wetterumschwung?
Erlebten wir am Wochenende nochmals Spitzen bis über 30 Grad, so brachte die neue Wetterwoche einen ersten krassen Absturz. Grund war die Kaltfront von Tief "Yonca", dem jetzt allerdings schon Tief Nummer 2 mit der nächsten Kaltfront folgt: Sturmtief "Zilan". Das bringt den Britischen Inseln schwere Sturmböen und mehr und drückt am Mittwoch und zur Nacht auf Donnerstag gegen die Alpen. Gleichzeitig bildet sich über Genua und Norditalien ein weiteres Tief, mit dem sich die Kaltluft aus Norden und der feuchtwarmen Luft aus dem überhitzten Mittelmeer vermischt.
Mit welchen Gefahren?
Im Fokus steht in diesem Fall der Niederschlag. In fester Form als Schnee in den Lagen oberhalb von rund 1500 Metern. Selbst bis in die höher gelegenen Täler bis auf 1200 bis 1300 Meter runter können die Flocken bei entsprechenden Temperaturen fallen. Vorsicht also für alle Bergwanderer und Tourengeher. Das kann lebensgefährlich werden. Zumal in den Lagen oberhalb von 1500 bis 2000 Meter auch erhebliche Neuschneemengen drohen.
Wie viel Schnee ist möglich?
In Staulagen der Alpen wären das 50 bis 100 Zentimeter - je nach Wettermodell sogar deutlich mehr. Selbst in der Größenordnung bis um oder über 2 Meter sind nicht auszuschließen. Das Ganze kombiniert mit einem teilweise lebhaften bis stürmischen Wind, Verfrachtungen und Schneeansammlungen sowie einer entsprechenden Lawinengefahr. Damit müssen wir uns zudem auf winterliche Straßenverhältnisse auf den höher gelegenen Straßen und Pässen einstellen.
Auf welche Niederschlagsmengen müssen sich die Bereiche darunter einstellen?
Sowohl die Verortung als auch die Intensität bewerten die Wettercomputer noch sehr unterschiedlich. Fakt ist, dass das Tief von Norditalien über die Alpen gen Nordosten hinwegzieht. Eine sogenannte Vb-Lage (gesprochen 5b), die sich neben sehr großen Regenmengen auch dadurch auszeichnet, dass sie schwer zu prognostizieren ist. Schauen wir beispielsweise auf die Berechnungen der letzten Tage, dann wären der Süden und der Südosten Deutschlands beispielsweise ab Freitag voll getroffen worden. Flächenhaft in der Größenordnung von über 200 Liter pro Quadratmeter mit enormer Hochwasser- und Überflutungsgefahr bis hin zu katastrophalen Ausmaßen.
Wie sind die aktuellen Trends für Deutschland?
Bis Montag früh sind je nach Modell zwischen 60 und 250 Liter pro Quadratmeter möglich. Schwerpunkte wären demnach voraussichtlich die Bereiche Berchtesgadener Land, Bayerischer Wald und Ostsachsen. Das wäre im schlimmsten Fall aber immer noch eine brisante bis gefährliche Entwicklung. Doch sieht das Gros der Wettermodelle die heftigsten Regenmengen eben nicht mehr bei uns.
Sondern?
Nach jetzigem Stand wären vor allem Österreich, Tschechien und Polen betroffen. Hier rechnen die Modelle in Spitzen mit 300 bis 400 Liter pro Quadratmeter. Sollte es tatsächlich so kommen, dann wäre über den Abfluss aus Tschechien die Elbe natürlich ebenfalls betroffen.
In Bezug auf Niederschlagsmengen: Wie sind diese Summen einzuordnen?
Berlin kommt im Jahr auf etwa 600 bis 650 Liter pro Quadratmeter, Köln bringt es im Schnitt auf rund 800 Liter. Bei der Ahrtal-Flut im Juli 2021 fielen gebietsweise 100 bis 200 Liter je Quadratmeter. Die größte Niederschlagsmenge binnen 24 Stunden vermeldete Zinnwald-Georgenfeld in Sachsen ebenfalls bei einer Vb-Wetterlage am 12. August 2002 mit 312 Liter je Quadratmeter. Insbesondere letzteres zeigt an, welches Potenzial diese Wetterlagen haben und wie verheerend die Folgen sein können.
Quelle: ntv.de