Panorama

Totes Mädchen in Wunsiedel "Es tun sich Abgründe auf"- drei Jungen im Fokus

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Im bayerischen Wunsiedel stirbt eine Zehnjährige in einer Kinder- und Jugendhilfeeinrichtung. Die Polizei vermutet ein Tötungsdelikt und hat auch bereits Ermittlungsansätze. Die Beamten nehmen zwei 11-Jährige und einen 16-Jähriger ins Visier.

Nach dem Tod eines Mädchens in einer Kinder- und Jugendhilfeeinrichtung im bayerischen Wunsiedel konzentriert sich die Arbeit der Polizei auf zwei 11-jährige Jungen und einen 16-jährigen Jungen. Sie stünden "im Fokus der Ermittler", heißt es. Konkrete Hinweise auf eine Tatbeteiligung gebe es aber nicht. Entgegen früheren Berichten gebe es derzeit keine Tatverdächtigen, niemand sei in diesem Fall in Gewahrsam, sagte ein Sprecher der Staatsanwaltschaft. Man gehe dennoch "mit hoher Wahrscheinlichkeit" davon aus, dass Kinder für den Tod des Mädchens verantwortlich sind, erfuhr RTL aus Polizeikreisen.

Die Ermittler konzentrieren sich nach Angaben eines Sprechers der Staatsanwaltschaft Hof jedenfalls allein auf die Einrichtung. Das bedeute, auf die Angestellten und die dort untergebrachten Kinder und Jugendlichen. Weil die Zehnjährige teilweise unbekleidet gewesen sein soll, werde auch in die Richtung eines möglichen Sexualdelikts ermittelt. "Es tun sich Abgründe auf", sagte ein Ermittler der "Bild"-Zeitung.

Am Dienstagmorgen gegen 8.45 Uhr war das Mädchen einer Polizeisprecherin zufolge von Mitarbeitenden der Einrichtung - es handelt sich den Angaben zufolge um das Kinder- und Jugendhilfezentrum St. Josef, die sich in der Innenstadt befindet - tot aufgefunden worden. "Ein alarmiertes Notarztteam konnte allerdings nur noch den Tod der Zehnjährigen feststellen." Demnach war die Leichenstarre bereits eingetreten.

Öffentlichkeit bewusst nicht informiert

Das tote Mädchen, das in einem Zimmer lag, soll nun obduziert werden. Die rechtsmedizinische Untersuchung soll auch Klarheit über die Todesursache geben. Der Fundort sei auch der Tatort, so der Sprecher der Staatsanwaltschaft. Zur Herkunft des Kindes gibt es keine Angaben von den Ermittlern.

Wie viele Kinder und Jugendliche derzeit in der Einrichtung untergebracht sind, konnte ein Sprecher nicht sagen. Aufgrund der Ferienzeit - derzeit sind Osterferien in Bayern - sei die Einrichtung nicht voll belegt. Die Kinder und Jugendlichen würden von entsprechend ausgebildeten Kräften betreut.

Schon nach den ersten Ermittlungen ging die Polizei schnell von Fremdverschulden aus. Das bestätigte eine Sprecherin des Polizeipräsidiums Oberfranken in einer Pressemitteilung. Ein Polizeisprecher hatte der "Bild"-Zeitung zuvor gesagt, man habe die Öffentlichkeit 24 Stunden nicht über das Auffinden der Leiche infor­miert, um der Spurensiche­rung die Arbeit zu erleichtern und die in dem Heim unterge­brachten Kinder und Jugend­lichen zu schützen. Spezialisten der Kripo Hof führten demnach seit Dienstag vor Ort umfangreiche Spurensicherungsmaßnahmen durch.

"Hören eigentlich nur positive Sachen über Einrichtung"

Für die Ermittlungen wurde die Sonderkommission "Park" gegründet. Aus ermittlungstaktischen Gründen wolle man zunächst keine weiteren Angaben machen, heißt es offiziell von der Polizei. Man müsse jetzt die Ermittlungen abwarten, die Tathintergründe und Tatmotive aufklären, sagte Matthias Goers von der Staatsanwaltschaft Hof ntv. Es gebe eine Vielzahl von Zeugen, die bereits vernommen wurden oder noch werden.

Wunsiedels Zweiter Bürgermeister Manfred Söllner zeigte sich von dem Tod der 10-Jährigen tief betroffen. Bei vielen Bürgern der Stadt habe das zu einem Schockerlebnis geführt, sagte der SPD-Politiker. "Wir können das gar nicht fassen." Auch Bayerns Innenminister Joachim Herrmann hat eine schnelle Aufklärung gefordert. "Wichtig ist, dass nun möglichst schnell geklärt wird, wer an der Tat beteiligt war und welche Hintergründe es dafür gab", teilte der CSU-Politiker mit. "Die Ermittler von Polizei und Staatsanwaltschaft arbeiten mit Hochdruck an der Aufklärung." Seine Gedanken seien bei den Hinterbliebenen, für die eine Welt zusammengebrochen sei. "Diese schreckliche Tat hat mich zutiefst bestürzt und lässt mich fassungslos zurück", sagte Herrmann.

Die Stadt Wunsiedel im Fichtelgebirge hat rund 9200 Einwohner. Sie liegt etwa 90 Kilometer nordöstlich von Nürnberg und nur wenige Kilometer von der Grenze zu Tschechien entfernt. Das Kinder- und Jugendhilfezentrum St. Josef ist eine Einrichtung der Kinder- und Jugendhilfe der Stadt. Das Zentrum bietet eine Vielzahl von Angeboten und Leistungen für Kinder und Jugendliche an, die Unterstützung und Hilfe benötigen. Hierzu gehören beispielsweise Wohngruppen, eine Tagesgruppe, ambulante Hilfen, eine schulvorbereitende Einrichtung und ein Berufsbildungswerk.

Laut Söllner handelt es sich um eine kirchliche Einrichtung, die es mindestens schon ein halbes Jahrhundert in der oberfränkischen Stadt gebe. "Wir hören eigentlich immer nur positive Sachen über die Einrichtung." Obwohl die Geschehnisse in der Einrichtung noch unklar seien, werde in der Stadt bislang aber nicht groß spekuliert.

Das Ziel des Kinder- und Jugendhilfezentrums ist es, den jungen Menschen, die dort betreut werden, ein Zuhause auf Zeit zu bieten und sie auf ein eigenständiges Leben vorzubereiten. Die Betreuung erfolgt dabei in enger Zusammenarbeit mit den Eltern, dem Jugendamt und anderen Fachkräften. Das Kinder- und Jugendhilfezentrum St. Josef ist Teil der Caritas-Sozialstation Fichtelgebirge und arbeitet eng mit anderen Einrichtungen und Diensten der Region zusammen.

Quelle: ntv.de, vmi/tar/sba/dpa

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