Alle spontan "krank"Fast vierzig Studenten brechen Prüfung ab

Dutzende Studenten der Stuttgarter Universität Hohenheim verlassen den Saal mitten in einer Prüfung. Angeblich sind sie krank. Doch die Uni bezweifelt die Echtheit der vorgelegten Atteste. Denn sie sind alle von demselben Arzt ausgestellt.
37 Studenten der Stuttgarter Universität Hohenheim haben mitten in einer Prüfung zur Finanzwirtschaft den Saal verlassen - und danach alle ein Attest desselben Arztes vorgelegt. Es seien entweder Schwindel und Sehstörungen oder Übelkeit und Erbrechen diagnostiziert worden, sagte Universitätssprecher Florian Klebs.
"Wenn eine Prüfung angetreten wird, sind die Hürden für einen Abbruch sehr hoch. Es muss nachgewiesen werden, dass ein Student plötzlich und unvorhersehbar daran gehindert wird, sein Wissen abzurufen", sagte Klebs. Dafür sei auch eine ausreichende Untersuchung notwendig. Doch das zweifelt die Uni an. Deshalb seien die Abbrecher kurz nach der Prüfung aufgefordert worden, eine Stellungnahme abzugeben. Bei 33 der 37 Wirtschaftsstudenten war demnach auch das ohne Erfolg. In vier weiteren Fällen gebe es noch Detailfragen des Prüfungsausschusses.
Für vier Abbrecher könnte der Vorfall weitreichende Folgen haben. Für sie war es der dritte und damit letzte Prüfungsversuch. Ohne guten Grund droht ihnen die Exmatrikulation. Außerdem untersucht die Uni nun 103 weitere Atteste, die der Arzt vom 22. bis 25. Mai - also während der Prüfungszeit - ausgestellt hat. Die Studenten werden demzufolge angeschrieben und müssen Stellung nehmen.
"Die Prüfungsangst hat zugenommen"
Was war der Grund für die massenhaften Prüfungsabsagen? "Die Prüfungsangst hat zugenommen", sagte Klebs der "Stuttgarter Zeitung". Und die Zahl der Rücktritte sei in den Wirtschaftswissenschaften höher als in den anderen Fakultäten. "Wir hätten gern einen besseren Betreuungsschlüssel", so Klebs.
Jörg Schiller, Studiendekan der Fakultät Wirtschafts- und Sozialwissenschaften und Leiter des Fachgebiets Versicherungswirtschaft und Sozialsysteme, formulierte den Grund etwas anders: "Es hat damit zu tun, dass es Leute gibt, die dem Studiengang nicht gewachsen sind – viele Studierende tun sich schwer mit Mathe." Diesbezügliche Grundkenntnisse seien in der Prüfung in Finanzwirtschaft allerdings erforderlich. "Viele studieren Wirtschaftswissenschaften, ohne sich vorher groß Gedanken darüber zu machen", sagte Schiller der "Stuttgarter Zeitung".