Rein in den Rhein Flussbaden in Basel - das Gefühl des Sommers
12.08.2025, 11:53 Uhr Artikel anhören
Basel aus einer anderen Perspektive: Hier passieren Schwimmer die Mittlere Brücke, die älteste Brücke der Stadt.
(Foto: ©Basel Tourismus)
Im Sommer findet das Leben am Kleinbasler Rheinufer statt: Man verstaut seine Kleidung in einem Wickelfisch und lässt sich im Fluss von der Strömung mit Blick auf die malerische Altstadt treiben. So bleibt alles im Fluss.
Siebenmal muss man den Wickelfisch um seine Flosse rollen, damit die darin verstaute Kleidung trocken bleibt. So besagt es die Anleitung. An die man sich besser hält. Wir wickeln den Schwimmsack nur sechsmal – aber dazu später mehr …
An einem warmen Sommerabend steigen wir in Kleinbasel, dem rechtsrheinischen Teil der Stadt, in die Bucht unterhalb des Museums Tinguely. Wir wollen es machen, wie die Locals, die gerne im "Rhy", wie der Fluss auf Schweizerdeutsch heißt, schwimmen. An manchen Tagen sind es Hunderte, die sich über eine Strecke von drei Kilometern in die Wasserstraße begeben.

Am Ziel und Ausstieg genießen die Schwimmer in der Abendsonne den Blick auf den Fluss und ein typisches Basler Wassertaxi.
(Foto: ©Frauke Rüth)
Das war nicht immer so: Im Mittelalter diente der Fluss vor allem als Abwasser der städtischen Haushalte. Vor dem Bau von Stauwehren und Uferbegradigungen machte die hohe Fließgeschwindigkeit den Rhein zu einem gefährlichen Strom. Bis ins 18. Jahrhundert war das Schwimmen darin verboten. Später hielt die schlechte Wasserqualität die Menschen vom Baden ab.
In den 1980er-Jahren galt der Rhein in Basel als Abflussrohr für den Industriemüll der dort ansässigen Chemiefirmen. Im November 1986 wurde die Stadt von einer Katastrophe aus dem Schlaf gerissen: Durch einen Chemiebrand im Werk Schweizerhalle des Sandoz-Konzerns gelangten Hunderttausende Liter verseuchtes Löschwasser in den Rhein und lösten ein massenhaftes Fischsterben aus. In den darauffolgenden Jahren baute man Filteranlagen ein und installierte Messstationen, mit denen die Wassergüte ständig überprüft wurde. Nach einiger Zeit war das Wasser so sauber, dass man darin baden konnte.
Davon wollen wir uns heute selbst überzeugen. Wir hüpfen über die dicken Kieselsteine, die das Ufer säumen. Vor dem Gang in die Fluten packen wir Kleider, Schuhe und Handtücher in besagten Wickelfisch, einen wasserdichten Kunststoffsack in Fischform. Erfunden hat ihn 2002 Tilo Ahmels. Der deutsche Designer tüftelte lange an einem leichten und trotzdem reißfesten Material. Mittlerweile hat sich der Wickelfisch zum inoffiziellen Symbol Basels entwickelt, das für eine der Lieblingsbeschäftigungen der Städter steht. Man kann ihn im Stadtcasino am Barfüsserplatz kaufen oder von Juni bis September für zehn Franken 24 Stunden lang mieten.
Brückenpfeiler bitte meiden
Wir waten zügig ins grün-blau schillernde Wasser, der Wickelfisch gleitet dank der mitaufgenommenen Luft sofort an die Oberfläche. Es folgt eine Stadttour aus ungewöhnlicher Perspektive: Man sieht Basel von seiner Mitte, seiner Lebensader aus.
Auf unserer Seite ziehen die Silberweiden am Ufer vorbei, gegenüber erblicken wir das Rheinbad Breite, 1898 als viertes städtisches Bad erbaut. Wem der "Schwumm" im wilden Nass zu riskant ist, erfrischt sich hier in Ruhe. Die Badegäste liegen auf Handtüchern, die sie auf den Decks der doppelgeschossigen Metallkonstruktion ausgebreitet haben, und genießen die Sonne.
Der empfohlene Schwimmbereich führt am Kleinbasler Ufer entlang. Die Gefahrenzonen sind klar gekennzeichnet: Bojen markieren den Rand der Schifffahrtsrinne der Großschifffahrt, in die man nicht geraten darf. Brückenpfeiler sollte man meiden, da sich dort Wirbel bilden können.
Indes kraulen wir weiter und kurz nach der Wettsteinbrücke begrüßen uns auf der Großbasler Seite die Kirchtürme mit ihren gotisch verspielten Spitzen und die bunten Dachziegel des Münsters. Das aus rotem Sandstein gebaute Gotteshaus steht im höchsten Teil der Altstadt, vierzig Meter über dem Rhein. Daneben schmiegen sich prachtvolle Patriziervillen an den Hang, während sich auf unserer Uferseite schmale weiße Bürgerhäuser mit roten und grünen Fensterläden eng aneinanderdrängen.
Feierabend in den Fluten
Im Wasser verschwimmen die Grenzen zwischen Reich und Arm. Als klassenlos beschreiben die Basler und Baslerinnen ihren "Bach": Alle dürfen reinhüpfen, nur ordentlich schwimmen müssen sie können. Da sind die Teenager, die sich kreischend zurufen, wie viel Spaß das flotte Tempo der Strömung hier mache, alte Ehepaare, die einträchtig nebeneinanderher paddeln, emsig redende Freundinnen, Angestellte, die ihren Feierabend in den Fluten genießen. Die Basler Rentnerin Elsa Martin erzählt uns, dass sie früher gerne in ihrer Mittagspause im Rhy schwimmen ging, "das war so eine herrliche Erfrischung an heißen Sommertagen. Ich hatte immer einen Badeanzug in der Handtasche", erinnert sie sich. Heute hat sie mehr Zeit mitgebracht als ihre damals einstündige Mittagspause und kann den Gang ins Wasser ganz gemächlich angehen lassen.

Sightseeing vom Wasser aus: Das Basler Münster und seine beiden Kirchtürme erheben sich 40 Meter über dem Rhein.
(Foto: ©Frauke Rüth)
Nun passieren wir die Mittlere Brücke, den im 13. Jahrhundert gebauten ältesten Rheinübergang Basels. Die Brücke war einst eine Richtstätte, an der das Todesurteil durch Ertränken vollstreckt wurde, und Kindsmörderinnen, Ehebrecherinnen und Diebe an Händen und Füßen gefesselt in den Fluss geworfen wurden. Falls sie auf der Höhe des 800 Meter entfernten Thomasturms noch lebten, fischten sie die Nonnen des Klingentalklosters heraus und die Todesstrafe wurde in eine Verbannung umgewandelt.
Kurz vor der Dreirosenbrücke ist Schluss mit der Schwimmstrecke und wir hangeln uns am letzten Ausstieg hoch. Jetzt eine kalte Limonade an der Dreirosen Buvette! Und nun öffnen wir auch unseren Wickelfisch – die Klamotten sind nass. Wir erinnern uns, dass wir vor ungefähr 40 Minuten der Ansicht waren, es reiche, die Öffnung nur sechsmal umzuwalzen. Zum Glück kann man sich und seine Kleider in den Liegestühlen der Buvette bestens von der Basler Abendsonne trocknen lassen.
Einmal im Jahr
Tipp: Für das Rheinschwimmen sollte man insgesamt ein geübter Schwimmer sein. Alle Ein- und Ausstiegsmöglichkeiten sind auf der Karte der Schweizerischen Lebensrettungsgesellschaft SLRG und unter https://slrg-basel.ch Stichwort: Bach-ab-Karte zu finden. Unterwegs gibt es öffentliche Duschen und Sanitäranlagen. Die Sicherheitsregeln listet die Basler Polizei auf: www.polizei.bs.ch Stichwort: Verkehr/Schwimmen und Baden im Rhein. Der Rhein lädt zwar den ganzen Sommer zum Baden ein – das offizielle Basler Rheinschwimmen findet jedoch nur einmal jährlich statt, und zwar am 12. August 2025 um 18 Uhr. Bei dem sportlichen Groß-Event darf sich jeder sichere Schwimmer in die Fluten der knapp zwei Kilometer langen Strecke wagen.
Quelle: ntv.de