Wo die Kinder schlafen Fotograf zeigt Flüchtlingsschicksale
04.10.2015, 10:34 UhrEine Flucht von Syrien oder dem Irak aus nach Europa bedeutet unfassbare Strapazen, besonders für Kinder. Die Fotoreihe "Wo die Kinder schlafen" des schwedischen Fotografen Wennman fängt diese Schicksale ein.
Magnus Wennman ist ein hochdekorierter Fotograf. Schon zwei Mal gewann er den World Press Foto Award - das ist so etwas wie der Pulitzer-Preis für Bildjournalisten. Gemeinsam mit dem Stockholmer Museum Fotografiska und seinem Arbeitgeber, der Zeitung "Aftonbladet", hat Wennman nun den Weg der Flüchtlinge nachgezeichnet. In der Ausstellung "Wo die Kinder schlafen" werden Aufnahmen von ihm gezeigt, die auf den Flüchtlingsrouten durch Europa entstanden sind. Der Erlös geht an das UN-Flüchtlingshilfswerk.
Die Bilder zeigen teils völlig entkräftete und scheinbar traumatisierte Kinder, die schlafen oder es zumindest versuchen - auf dem Boden, im Heu, auf zerschlissenen Matratzen. Auch wenn die Fotos durch ihre düstere Belichtung stilisiert wirken, wenn sie durch die Ästhetisierung vor allem emotionalisieren - sie zeigen echte Menschen, die in Not auf der Flucht sind. Hier ihre Geschichten:
Juliana, 2 Jahre alt:
Unter diesem Deckenberg verbirgt sich Juliana in der serbischen Grenzstadt Horgos. Sie versucht die Fliegen abzuwehren, die sie bei 34 Grad beim Schlafen stören. In nur zwei Tagen ist Juliana mit ihren Eltern zu Fuß durch Serbien gelaufen. Jetzt hoffen sie, schnell noch durch Ungarn zu kommen, bevor die Grenze geschlossen wird. Nach kurzem, wenig erholsamem Schlaf müssen Juliana und ihre Eltern weiter.
Fara, 2 Jahre alt:
Faras Vater hat es mit ihr und der 9-jährigen Schwester Tisam nach Jordanien geschafft. Hier hat das kleine Mädchen nur einen Traum: endlich einen richtigen Fußball zu haben. Ihr Vater setzt alles daran, ihr diesen Wunsch zu erfüllen. Bisher ist es ihm noch nicht gelungen.
Lamar, 5 Jahre alt:
Die kleine Lamar musste ihre Spielsachen in Bagdad lassen, als sie mit ihren Eltern zur Flucht aufbrach. Eine Bombe hat ihr Haus zerstört, die Puppen, die Eisenbahn, ihr Ball - alles wurde von den Trümmern überdeckt. Dort leben konnten sie nicht mehr. Zwei Mal scheiterte später der Versuch, in einem Gummiboot von der Türkei aus nach Griechenland zu gelangen. Hier, in einem Wald bei Horgos, schläft Lamar nun. Die Grenze zu Ungarn ist bereits geschlossen.
Maram, 8 Jahre alt:
Das kleine syrische Mädchen Maram kam gerade von der Schule heim, als ihr Haus angegriffen wird. Ein Teil des Daches stürzt auf sie, sie musste ins Krankenhaus und wurde anschließend ins jordanische Amman ausgeflogen. Sie hat eine Hirnblutung erlitten und verbrachte elf Tage im Koma. Jetzt ist sie bei Bewusstsein, doch ihr Kiefer ist gebrochen und sie kann nicht sprechen.
Ralia, 7 Jahre alt, und Rahaf, 13 Jahre alt:
Ralia und Rahaf sind aus Damaskus, heute leben und schlafen sie auf den Straßen Beiruts. Eine Granate tötete ihre Mutter und ihren Bruder. Gemeinsam mit ihrem Vater sind sie hierher gekommen. Seit einem Jahr verbringen sie die Nächte so - zusammengerollt auf ausgebreiteten Pappkartons.
Shehd, 7 Jahre alt:
Shehds Familie hadert mit ihrer Flucht. Hätten sie geahnt, wie hart die Reise werden würde, hätten sie lieber ihr Leben in Syrien aufs Spiel gesetzt. Immer wieder hatten sie Schwierigkeiten, Lebensmittel aufzutreiben, manchmal mussten Äpfel vom Wegesrand reichen. Kurz vor ihrer Flucht malte Shehd viele Bilder. Alle hatten das selbe Motiv: Waffen. Jetzt malt sie nicht mehr.
Shiraz, 9 Jahre alt:
Shiraz erkrankte mit nur drei Monaten an Polio. Der Arzt empfahl den syrischen Eltern, nicht zu viel Geld für Medikamente auszugeben, da das Mädchen "keine Chance" habe. Doch Shiraz überlebte bis heute. Der Krieg begann. Shiraz Mutter wickelte ihre Tochter in eine Decke ein und trug sie bei Kobane über die Grenze in die Türkei. In einem Flüchtlingscamp bekam Shiraz eine Wiege aus Holz. In der liegt sie nun. Tag und Nacht.
Walaa, 5 Jahre alt:
Zu Hause in Aleppo hatte Walaa ein eigenes Zimmer. Doch dann kam der Krieg und verschlug sie und ihre Familie in den Libanon. Nachts zu schlafen fällt dem Mädchen schwer. Denn nachts fanden in Aleppo immer die Angriffe statt.
Quelle: ntv.de