"Es sieht toll aus" Französische Grundschüler testen "Einheitskleidung"
26.02.2024, 15:47 Uhr Artikel anhören
Dunkler Blazer, weißes Polohemd - alle sollen so gleich wie möglich miteinander lernen.
(Foto: picture alliance/dpa/MAXPPP)
In einem Test erprobt Frankreich den Einfluss von Schuluniformen auf die Arbeitsatmosphäre und den Zusammenhalt in Grundschulen. Die ersten Reaktionen sind positiv. Eine wissenschaftliche Aufarbeitung soll dann zeigen, ob das Modell auf ganz Frankreich angewendet wird.
Dunkle Blazer mit Schul-Logo über weißen Polohemden: Die südfranzösische Stadt Béziers testet als eine der ersten seit diesem Montag "Einheitskleidung" für Schulkinder. Vier Grundschulen mit mehr als 700 Schülerinnen und Schülern beteiligen sich an dem von Präsident Emmanuel Macron angeregten Test. "Es sieht toll aus. Ich habe den Eindruck, als bringe ich mein Kind in die Schule von Harry Potter", sagte eine Mutter dem Sender BFM.
Bislang haben sich knapp 100 Schulen gemeldet, die sich an der Testphase beteiligen wollen, etwas weniger als von der Regierung angestrebt. Macron will die "Einheitskleidung", wie sie offiziell heißt, um den Begriff "Schuluniform" zu vermeiden, 2026 landesweit einführen, falls sie sich bewähren sollte.
"Es wird eine wissenschaftliche Auswertung geben", sagte Sophie Béjean, Rektorin der Akademie von Montpellier, dem Sender BFM. "Es wird geprüft, wie sich die Einheitskleidung auf das Gefühl der Zusammengehörigkeit und die Arbeitsatmosphäre auswirkt", erklärte sie.
Verteidiger von Schuluniformen verweisen darauf, dass dadurch soziale Unterschiede weniger sichtbar seien. Die Einheitskleidung reduziere auch den Stress für manche Eltern, die regelmäßig mit Kindern über Kleidungsfragen streiten. Kritiker halten dem entgegen, dass die sozialen Unterschiede weiterhin an Schuhen, Taschen oder Mobiltelefonen abzulesen seien.
"Ich finde mich sehr schön"
Der Rechtsaußen-Bürgermeister von Béziers, Robert Ménard, setzt sich schon seit Jahren für Schuluniformen ein. "Die Schule braucht starke Symbole, und die Uniform gehört dazu", betonte er, ohne auf die offizielle Sprachregelung Rücksicht zu nehmen. Die Ausstattung kostet pro Kind 200 Euro, die je zur Hälfte vom Staat und der Kommune finanziert werden. Für die Familien ist die Einheitskleidung also zumindest in der Testphase gratis.
Die Kinder reagierten teils stolz, teils enttäuscht. "Ich finde mich sehr schön", sagte ein Mädchen, das einen Rock mit integrierter kurzer Hose testete. "Das Grau ist mir zu trist, aber man kann sich dran gewöhnen", sagte hingegen ein Junge dem Sender BFM.
Manche vermuten hinter der testweisen Einführung von Schuluniformen auch den Einfluss der französischen Präsidentengattin Brigitte Macron. Die 70-Jährige hatte in ihrer Jugend selbst Uniform getragen. "15 Jahre im dunkelblauen Rock mit dunkelblauem Pulli, und das ist mir gut bekommen", sagte sie vor gut einem Jahr in einem Interview. "Das verdeckt die Unterschiede, und man verliert weniger Zeit", argumentierte sie. Daher sei sie für die Einführung von Schuluniformen, die "schlicht, aber nicht trist" sein sollten.
Einen Gesetzesentwurf der rechtspopulistischen Partei Rassemblement National (RN), die das Tragen von Schuluniformen verpflichtend einführen wollten, hatte die Nationalversammlung 2023 abgelehnt.
Quelle: ntv.de, jog/AFP