Panorama

Prozess in FrankreichFrau tötet gewalttätigen Ehemann: Haftstrafe

25.06.2021, 22:32 Uhr
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Valérie Bacot saß ein Jahr in Untersuchungshaft. (Foto: picture alliance/dpa/MAXPPP)

Mit einem Schuss ins Genick tötet Valérie Bacot nach jahrzehntelangem Martyrium ihren gewalttätigen Ehemann. Ihr Schicksal beschäftigt daraufhin ganz Frankreich. Die Mutter von vier Kindern wird nun zu einer Haftstrafe verurteilt. Ins Gefängnis muss sie trotzdem nicht.

Die Französin Valérie Bacot ist wegen des Mordes an ihrem Mann, der sie jahrelang verprügelt und vergewaltigt hatte, zu einer symbolischen Haftstrafe verurteilt worden. Das Schwurgericht in Chalon-sur-Saône in Ostfrankreich verurteilte die 40-Jährige zu vier Jahren Haft und setzte drei davon zur Bewährung aus. Bacot kommt damit nun frei, weil ihr ein Jahr in Untersuchungshaft angerechnet wird.

Bacot hatte den 61-jährigen Daniel Polette 2016 erschossen. Ihr früherer Stiefvater hatte sie bereits als Jugendliche vergewaltigt. Mit 17 wurde sie von ihm schwanger und ihre Mutter warf sie aus dem Haus, woraufhin ihr Vergewaltiger sie heiratete. Die beiden bekamen zusammen vier Kinder.

Rat und Hilfe bei häuslicher Gewalt

  • Bei akuter Bedrohung: Notruf 110
  • Beratung in Krisensituationen: Das Hilfetelefon "Gewalt gegen Frauen" (08000 116 016, Anruf kostenfrei)
  • Kinder- und Jugendtelefon (Tel.: 0800/111-0-333 oder 116-111; Mo-Sa von 14 bis 20 Uhr)
  • Das Hilfetelefon bietet auch eine Online-Beratung per E-Mail oder Chat an.
  • Frauenhäuser bieten Schutz vor Bedrohung und die Mitarbeiterinnen können bei weiteren Schritten beraten.

Vor Gericht hatte Bacot von der "extremen Hölle" berichtet, die sie seit ihrem zwölften Lebensjahr durchlitten hatte. "Ich habe immer getan, was er mir gesagt hat", antwortete die Angeklagte auf die Frage der Vorsitzenden Richterin Céline Therme, ob sie Liebe für Polette empfunden habe. Der Alkoholiker schlug, trat und würgte seine junge Frau und bot sie schließlich Lkw-Fahrern zur Prostitution an, um mit ihr Geld zu verdienen.

An einem Sonntag im März 2016 hielt sie es nach eigenen Worten nicht mehr aus. Sie nahm seine Pistole, mit der er sie oft bedroht hatte, und tötete ihn mit einem einzigen Schuss in den Nacken. Zur Begründung sagte sie, sie habe ihrer gemeinsamen damals 14-jährigen Tochter Karline dasselbe Schicksal ersparen wollen.

"Ich musste es beenden"

Sie war "ein Opfer, ganz klar", sagte der Staatsanwalt vor Gericht. "Valérie Bacot durfte das Leben des Mannes, der sie terrorisierte, nicht nehmen", sie solle dafür aber nicht wieder ins Gefängnis gehen. Ihre vier Kinder bräuchten ihre Mutter. Im Gericht brach Beifall aus, als das Urteil verkündet wurde. Bacots Anwälte hatten einen Freispruch gefordert. "Wie kann die Gesellschaft Wiedergutmachung von Valérie Bacot verlangen, wenn sie selbst dabei versagt hat, sie zu schützen?", fragte ihre Verteidigerin Nathalie Tomasini.

Polette war in den 90er Jahren wegen des Missbrauchs an Bacot verurteilt worden, kam jedoch nach einem Jahr wieder frei - und missbrauchte sie jahrelang weiter. "Ich musste es beenden", schrieb Bacot kürzlich in einem Buch mit dem Titel "Tout le monde savait" (Jeder wusste es). Der Fall hatte in Frankreich für großes Aufsehen gesorgt. Mehr als 700.000 Menschen unterzeichneten eine Online-Petition und forderten "Freiheit für Valérie Bacot!".

Quelle: ntv.de, fzö/AFP/dpa

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