Empörung über höhnisches Video Gaffer filmt Polizisten im Todeskampf
18.11.2021, 19:27 Uhr
Statt zu helfen, greift ein Passant zum Handy: Das Augenzeugenvideo eines sterbenden Berliner Polizisten schlägt hohe Wellen im Internet und ist inzwischen wieder gelöscht. Dennoch könnte auf den Gaffer ein Strafverfahren warten.
Ein Internetvideo, das einen sterbenden Polizisten zeigt, hat am Donnerstag für große Empörung gesorgt und dürfte für den Verbreiter ein Nachspiel haben. Das ist die Vorgeschichte: Ein Berliner Polizist prallt mit seinem Dienstwagen in eine Absperrung. Schwer verletzt windet er sich und schreit laut auf. Ein Passant bemerkt die Situation. Statt zu helfen, zückt er sein Handy, und filmt den Beamten in Not. Garniert mit höhnischen Kommentaren veröffentlicht er das Ganze im Internet. Auf der Tonspur ist zu hören, wie er dem sichtlich hilflosen Mann unterstellt, betrunken zu sein. Doch tatsächlich kämpft der Polizist ums Überleben. Wenig später stirbt der Beamte im Krankenhaus. Das Augenzeugenvideo ist da allerdings längst im Netz.
Laut einem Bericht der "Berliner Morgenpost" wurde das Video von René M. auf seinem Instagram-Profil veröffentlicht und war am frühen Nachmittag wieder gelöscht. M. bezeichnet sich dort als "Person des öffentlichen Lebens" und hat 15.700 Follower. Dem Blatt zufolge ist er mit einer Schauspielerin einer bekannten Seifenoper liiert. Ob M. auch derjenige ist, der die Videos gefilmt hat, ist bislang nicht klar.
"Die Verbreitung dieses Videos ist geschmacklos und strafbar", twitterte die Polizei in der Nacht zu Donnerstag. "Ein Verfahren wegen unterlassener Hilfeleistung wird geprüft." Der Filmende war offensichtlich noch vor Ort, nachdem weitere Polizisten eintrafen, was ein weiteres Video belegt. Der Kollege habe in der Nacht zum Mittwoch im Stadtteil Pankow gesundheitliche Probleme und in der Folge einen Unfall mit dem Einsatzwagen gehabt, teilte ein Polizeisprecher mit.
Polizeipräsidentin Barbara Slowik zeigte sich fassungslos. "Dieses Video ist abscheulich, die Veröffentlichung unerträglich! Es macht mich fassungslos und wütend. Selbst wenn man einer Fehleinschätzung der Situation unterliegt, ist es widerwärtig, ein solches Video zu erstellen, um damit einen hilflosen Menschen - einen hilflosen Menschen in Uniform - herabzuwürdigen. Es ist widerwärtig, dass der Wert der Followerzahl und die vermeintliche Möglichkeit, die Polizei Berlin in den Schmutz zu ziehen, offenbar wichtiger war, als die Würde unseres Kollegen, eines Menschen, zu respektieren."
Die Gewerkschaft der Polizei (GdP) forderte auf Twitter strafrechtliche Folgen: "Es schockiert uns, dass man lieber zum Smartphone greift und draufhält, anstatt einem offensichtlich in Not geratenen Menschen zu helfen", sagte GdP-Sprecher Benjamin Jendro. "Dass derartige Aufnahmen aus der reinen Gier nach Klicks und Aufmerksamkeit im Social Media verbreitet werden, zeigt einen mittlerweile stark verbreiteten digitalen Narzissmus, der strafrelevante Folgen haben muss."
Quelle: ntv.de, mau