Ominöse Z-Liste der Elite-Uni Geheimer Zugang führt nach Harvard
07.11.2023, 16:29 Uhr
Ein mutmaßliches Zulassungsverfahren der Elite-Universität Harvard ist die "Z-Liste", die laut Ivy Coach jedes Jahr etwa 60 Bewerber listet.
(Foto: picture alliance / NurPhoto)
Die US-Elite-Universität Harvard ist eine der renommiertesten Hochschulen weltweit. Jedes Jahr bewerben sich Tausende, aber nur die Qualifiziertesten werden angenommen. Für die Kinder der Reichen mit schlechten Noten gibt es jedoch ein Schlupfloch, wie ein Zulassungsberater laut Medienbericht verrät.
Einflussreiche Politiker, Reiche und Prominente versuchen vieles, um ihre Kinder an einer Elite-Universität unterzubringen. Sie bezahlen horrende Summen, damit die besten Universitäten ihre Sprösslinge trotz nicht ausreichender Noten aufnehmen. 2019 bekannte sich die US-Schauspielerin Felicity Huffman im Bestechungsskandal an US-Eliteuniversitäten schuldig. Die "Desperate Housewives"-Darstellerin räumte nach Justizangaben ein, 15.000 Dollar gezahlt zu haben, damit ihre älteste Tochter bei einem Aufnahmetest bessere Noten bekam. Anschließend wurde Huffman zu einer vierzehntägigen Gefängnisstrafe, einem Jahr auf Bewährung, einer Geldstrafe und gemeinnütziger Arbeit verurteilt.
Doch anscheinend ist es auch im Interesse der Elite-Universitäten, die Kinder der Superreichen - mögliche Großspender - aufzunehmen. Laut "New York Post" verfügt Harvard über eine geheime Hintertür, um unterqualifizierte, aber gutbetuchte Kinder an der Elite-Universität zuzulassen: die Z-Liste.
Um an einer so renommierten Elite-Universität wie Harvard angenommen zu werden, müssen Bewerber sehr gute SAT-Ergebnisse und einen guten Notendurchschnitt vorlegen. Der SAT ist ein standardisierter Test, der in den USA für die Hochschulzulassung verwendet wird. Der Grade Point Average (GPA) gibt dagegen an, wie High-School-Absolventen in ihren Kursen im Durchschnitt abgeschnitten haben.
Harvards Z-Liste ist demnach für Menschen, die bedeutend und einflussreich sind. "Wir hatten Kunden, die in die Z-Liste aufgenommen wurden und enge Freunde oder Familienangehörige bedeutender Weltführer oder Großspender sind", erzählt Brian Taylor, geschäftsführender Gesellschafter des in Manhattan ansässigen Beratungsunternehmens für College-Zulassungen Ivy Coach, gegenüber der "New York Post". Die Z-Liste sei vor allem für Bewerber, die sich nicht "aus sich selbst heraus für die Zulassung qualifiziert" haben.
"Datengeister" spuken durch Harvard
Diesen Bewerbern würde vonseiten der Universität empfohlen, ein Gap Year zu nehmen. Damit würden sie zu sogenannten "Datengeistern", sodass ihre Textergebnisse im kommenden Jahr nicht unter den Studienanfängern registriert wären. So habe die Universität keine Einbußen bei ihren herausragenden akademischen Durchschnittswerten - oder institutionellen Rankings. Die Liste schütze die Rankings, sagen Experten demnach.
Schon 2018 schrieb das Beratungsunternehmen auf seiner Webseite: Studienanwärter auf der Z-Liste würden nach Abschluss beider Zulassungsrunden weder angenommen noch abgelehnt. Stattdessen wären sie Z-gelistet. Im Gegensatz zu typischen Zulassungen würden diese Bewerber nicht über das gängige Zulassungsverfahren aufgenommen, kämen aber auch nicht auf die Warteliste. Laut der Webseite von Ivy Coach erhielten jedes Jahr etwa 60 Bewerber einen Platz auf der Z-Liste. Sie bekommen einen Brief mit der Botschaft: "Wir freuen uns, Ihre Aufnahme in einem Jahr zu prüfen."
Berater Taylor beteuert in der NYP, dass diese sich im Folgejahr jedoch keineswegs neu bewerben würden: "Sie sind zugelassen und haben in einem Jahr einen Platz garantiert", erklärt der Bewerber.
Hauptsache Harvard
Bereits 2014 versuchte "The Harvard Crimson" die Legende um die Z-Liste der lokalen Elite-Universität zu entmystifizieren. Damals spielte es für die befragten Studierenden keine große Rolle, über die Z-Liste aufgenommen worden zu sein. Samuel L. Coffin, der 2012 zugelassen wurde, wollte gerade an die University of Pennsylvania gehen, als er einen Anruf erhielt. "Ganz ehrlich, es war ... na ja, großartig, ich bin nach Harvard gekommen", sagte er.
Maura Anne McGrath, die laut "The Harvard Crimson" nicht mit der damaligen Zulassungsdirektorin Marlyn McGrath-Lewis verwandt ist, erhielt die Nachricht im Juli 2010. Während eines Gap Years arbeitete sie in einem Kino, besuchte einige Kurse an einer Kochschule und reiste ins Ausland. Als sie schließlich in Harvard ankam, fand McGrath es etwas unangenehm, die Z-Liste zu erklären, weil sie befürchtete, es könnte wie "Betrug" wirken, sagte sie 2014 dem Harvard Crimson.
Wenn ein High-School-Absolvent vor dem College ein Gap Year nehme, wäre das ein gutes Indiz dafür, dass die Person möglicherweise auf der Z-Liste stand, erklärt Taylor. Ebenso gäbe es auch andere deutliche Anzeichen dafür, dass ein Student es über die Z-Liste nach Harvard geschafft habe. Laut der New York Post äußerte sich Harvard auf eine Bitte zur Stellungnahme nicht.
Auch die Elite-Konkurrenz kennt zuverlässige Lücken
Harvard ist zwar die einzige Universität mit einer solchen Liste, jedoch würden andere Eliteschulen ähnliche Schlupflöcher nutzen, um die Kinder der Reichen und Schönen, denen eigentlich die Qualifizierung fehlt, anzunehmen.
Ein anderer Zulassungsweg an eine Elite-Universität sei der Transferprozess. Nach Aussagen des Beraters Taylor verspreche die Cornell Universität einen "garantierten Transfer". Bei dieser Aufnahmeform würden Bewerber mit unterdurchschnittlichen Testergebnissen oder Notendurchschnitten dazu aufgefordert, ihr erstes Studienjahr zunächst an einer anderen Universität zu absolvieren und sich dann erneut zu bewerben. Wenn sie während des ersten Studienjahres einen bestimmten Notendurchschnitt erreichten, sei ihnen schließlich die Zulassung für die Cornell als Transferstudent im zweiten Jahr garantiert. Taylor findet dieses Zulassungsverfahren nicht richtig. "Das ist nicht fair gegenüber den vergleichbaren Institutionen", kritisiert Taylor. Auch Cornell habe eine Stellungnahme gegenüber der New York Post verweigert.
Es sind jedoch nicht nur privilegierte Bewerber, die durch die Hintertür zugelassen würden. Ebenso würden auch besonders verdienstvolle Bewerber an den Elite-Universitäten zugelassen. Laut Taylor nutzen einige Elite-Universitäten diese Lücken, um verdiente Bewerber - insbesondere Armee-Veteranen - zuzulassen. Zwei Unis sind seiner Meinung nach dafür bekannt, dies zu tun: Princeton, das seit Kurzem Transferstudenten aufnimmt, und die Columbia University, wo die School of General Studies gegründet wurde, um Veteranen als Transferstudenten aufzunehmen. Dieses Verfahren für die Aufnahme von ehemaligen Soldaten zu verwenden, begrüßt der Berater. Viele Veteranen "haben zwar einen Notendurchschnitt von 3,0, aber diese jungen Männer und Frauen sind etwas älter, sie haben ihrem Land gedient", begründet Taylor. Es gäbe Männern und Frauen in Uniform eine Chance an diesen Eliteschulen.
Quelle: ntv.de, rwe