Höchststrafe in Sindelfingen Gericht verurteilt Mann nach 27 Jahren wegen Mordes
09.03.2023, 18:53 Uhr Artikel anhören
Der nun verurteilte Mann während eines Prozesstags im Juli 2021.
(Foto: picture alliance/dpa)
Gerechtigkeit nach 27 Jahren: Das Landgericht verurteilt einen Mann aus Süddeutschland wegen Mordes zu lebenslanger Haft. Er hatte 1995 in Sindelfingen eine Frau heimtückisch ermordet. Eine frühere Verurteilung wegen Mordes wurde vom Bundesgerichtshof kassiert, ein weiterer Prozess folgte.
Es dürfte einer der "Coldest Cases" der Ermittler gewesen sein, einer der am längsten ungeklärten Fälle der Region. Mehr als 27 Jahre nach der Gewalttat an einer Frau in Sindelfingen bei Stuttgart ist die aufsehenerregende Wiederaufnahme des Verfahrens um den Mord mit der Höchststrafe für den angeklagten Täter zu Ende gegangen. Das Landgericht verurteilte den mittlerweile 72 Jahre alten Mann auch im neu aufgerollten Verfahren erneut zu einer lebenslangen Haftstrafe. Er hatte 1995 eine Frau an einem S-Bahnhof attackiert und mit mehr als 20 Stichen umgebracht.
"Ich bin froh, dass es vorbei ist", sagte die Schwester des Opfers nach der Verhandlung unter Tränen. "Das war für unsere ganze Familie eine Riesenbelastung." Ihr Anwalt sprach von einem "langen Martyrium" für seine Mandantin.
Für die Kammer bleiben nach dem Verfahren kaum noch offene Fragen. "Es ging ihm darum, sich selbst zu beweisen, ich kann das, ich kann diese junge Frau hier umbringen", sagte der Richter über den Mann. Er trage narzisstisch-psychopathische Züge und habe "nach dieser Selbstbestätigung geradezu gelechzt". Das Opfer sei beim plötzlichen Angriff völlig arg- und wehrlos gewesen.
BGH sah Heimtücke nicht belegt
Aufatmen und Tränen bei den Angehörigen der ermordeten Frau, die sich nicht zum ersten Mal mit dem Fall vor Gericht befassen müssen. Denn der Rentner saß wegen desselben Falls bereits einmal auf der Stuttgarter Anklagebank. Dem Bundesgerichtshof (BGH) war das Mordmerkmal der Heimtücke damals jedoch nicht ausreichend bewiesen. Der BGH verwies den Fall zurück.
Staatsanwaltschaft und Nebenklage hatten eine lebenslange Freiheitsstrafe wegen Mordes gefordert. Die Nebenklage wollte zudem eine besondere Schwere der Schuld festgestellt haben. Die Verteidigung hingegen hatte sich für einen Freispruch ausgesprochen oder - im Fall einer Verurteilung - für eine Verjährung. Sie kann im Auftrag ihres Mandanten noch Revision gegen das Urteil des Landgerichts einlegen und wird dies mit hoher Wahrscheinlichkeit auch tun.
Quelle: ntv.de, Martin Oversohl, dpa