Panorama

Nach Vierfachmord in Potsdam Gericht verurteilt Pflegerin zu 15 Jahren Haft

Die 52-Jährige muss vermutlich 15 Jahre in Haft.

Die 52-Jährige muss vermutlich 15 Jahre in Haft.

(Foto: picture alliance/dpa/dpa-Pool)

Das Landgericht Potsdam verurteilt die einstige Pflegerin einer Behinderteneinrichtung zu 15 Jahren Haft. Sie ermordete vier Menschen und verletzte eine Patientin schwer. Zudem soll sie in einer psychiatrischen Klinik untergebracht werden. In ihrem Schlusswort entschuldigte sich die Angeklagte für ihre Tat.

Im Prozess um eine Bluttat mit vier Toten in einer Behinderteneinrichtung hat das Landgericht Potsdam die angeklagte 52-jährige Pflegerin zu 15 Jahren Haft verurteilt. Die Richter der 1. Strafkammer sprachen Ines Andrea R. des vierfachen Mordes sowie dreifachen Mordversuchs schuldig. Die Verurteilung erfolgte auch für die in Tateinheit begangene gefährliche Körperverletzung und Misshandlung von Schutzbefohlenen. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Die Richter legten die Unterbringung in einer psychiatrischen Klinik fest.

"Pflichtbewusst, fürsorglich, liebevoll" - so hätten die meisten in dem im November begonnenen Prozess Gehörten die Angeklagte beschrieben, sagte der Vorsitzende Richter Theodor Horstkötter. Sie sei "Pflegerin mit Leib und Seele" gewesen. Sie habe aber mit einer Fassade gelebt - was sie im Inneren quälte, habe sie verborgen gehalten. Schon in der Kindheit habe sie Suizidgedanken gehabt, Psychopharmaka und verschiedenste Therapien seien an ihr ausprobiert worden. Dazu seien schwere Schicksalsschläge wie die Schwerbehinderung des einen und die Krebserkrankung des anderen Sohnes gekommen. Eine weitere große Last sei die hohe physische und psychische Belastung bei der Arbeit gewesen. Oft hätten zwei Pflegekräfte zehn Schwerstbehinderte betreuen müssen.

Die Tage vor der Tat sei die Pflegerin mit ihren Kräften am Ende gewesen, ihr Ehemann habe sie gedrängt, zum Arzt zu gehen. "Wären sie zum Arzt gegangen, wären die Oper nicht auf so grausame Art und Weise ums Leben gekommen", sagte Horstkötter an die Angeklagte gerichtet. Diese verfolgte die Ausführungen mit zu Boden gesenktem Blick. Am Tattag schien die Arbeit im Oberlinhaus R. zu erdrücken. Große Wut sei in ihr aufgestiegen. Gewaltfantasien hätten sie schon länger beschäftigt, vor der Tat habe sie ihre Tötungsfantasien dann "nicht mehr aus dem Bewusstsein verdrängen können". "Die Wut artete in Gewalt aus - Gewalt gegen Menschen", sagte Richter Horstkötter. Es sei "ganz spontanes Handeln" gewesen.

43-Jährige überlebte dank Notoperation

Nach den Feststellungen des Gerichts hatte die Pflegerin zuerst versucht, zwei Menschen der Einrichtung durch Erwürgen zu töten. Einen Mann wähnte sie anschließend tot. Von einer Frau ließ sie ab, weil es ihr zu "anstrengend" gewesen sei. Danach holte sie ein Messer, tötete damit die beiden und zwei weitere Menschen mit Behinderungen. Im Anschluss daran versuchte sie auch eine 43-jährige Bewohnerin zu töten. Die Frau überlebte dank einer Notoperation mit schweren Verletzungen.

Aufgrund einer Borderline-Persönlichkeitsstörung sei die Impulskontrolle und Affektsteuerung der Angeklagten erheblich beeinträchtigt gewesen. Die 1. Große Strafkammer ging deshalb einem psychiatrischen Gutachten folgend von einer erheblich verminderten Schuldfähigkeit aus, was statt einer lebenslangen Freiheitsstrafe eine Höchststrafe von 15 Jahren vorsieht. Staatsanwaltschaft und Verteidigung hatten wegen der psychischen Erkrankung der Frau die Unterbringung der 52-Jährigen in der Psychiatrie beantragt. Daneben hatte die Anklage auf eine Freiheitsstrafe von 15 Jahren sowie ein lebenslanges Berufsverbot plädiert. Der Verteidiger der 52-Jährigen hatte gefordert, dass das Gericht die Schuldunfähigkeit seiner Mandantin anerkennt. Mit dem Urteil folgte die Kammer weitgehend dem Plädoyer der Staatsanwaltschaft. Das lebenslange Berufsverbot sprach das Gericht dagegen nicht aus.

Das Gericht sah es als erwiesen an, dass die Frau am Abend des 28. Aprils vier Bewohner im Alter zwischen 31 und 56 Jahren auf ihren Zimmern mit einem Messer angegriffen und tödlich verletzt hatte. Nach Angaben eines Pathologen waren drei der Todesopfer vollständig und eines halbseitig gelähmt gewesen. Eine 43-jährige Bewohnerin überlebte den Angriff nach einer Notoperation. Die Angeklagte hatte sich in ihrem Schlusswort bei den Angehörigen der Opfer entschuldigt.

Quelle: ntv.de, als/AFP/dpa

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