Trauer in den AlpenHelfer suchen nach Wrackteilen

Zwölf Tage nach dem Absturz von Flug 4U9525 setzen sich die bisher vorliegenden Hinweise zum Unglückshergang zu einem kaum fassbaren Gesamtbild zusammen. Am Unglücksort setzen Helfer ihre Arbeit über Ostern fort.
In der Absturzregion der Germanwings-Maschine in den französischen Alpen trauern Angehörige weiter um die 150 Opfer der Katastrophe. In der Ortschaft Le Vernet nahe der Unglücksstelle trafen am Osterwochenende weitere Familienmitglieder ein. Das französische Fernsehen zeigte aus der Distanz Bilder von Trauernden an einer provisorischen Gedenkstätte in dem kleinen Ort.
Angehörige wurden - wie bereits unmittelbar nach dem Absturz am 24. März - von der Polizei abgeschirmt und geschützt. Am Absturzort selbst gehen unterdessen die Bergungsarbeiten weiter. Einsatzkräfte suchen auch während der Osterfeiertage an der schwer zugänglichen Unglückstelle weiter nach Flugzeugteilen und persönlichen Gegenständen der Toten.
Die bisher vorliegenden Ermittlungsergebnisse verfestigen den Verdacht gegen den Copiloten. Wie vor dem Wochenende bekannt wurde, zeigen die in Paris ausgewerteten Daten des Flugdatenschreibers, dass der 27-Jährige die Maschine während des von ihm eingeleiteten Sinkfluges offenbar absichtlich beschleunigte. Experten werten dies als weiteren Beleg dafür, dass der junge Flugzeugführer willentlich handelte und bis zum Ende bei Bewusstsein war.
Die französische Untersuchungsbehörde Bea kündigte weitere Analysen der Blackbox an. Der Autopilot war laut Bea im Cockpit in mindestens zwei Schritten auf eine Flughöhe von rund 30 Metern eingestellt worden. In der Absturzregion ragen die Berge bis zu 2000 Metern über dem Meeresspiegel auf. Schon seit der ersten Auswertung der ersten Blackbox - des Sprachrekorders, den man noch am Unglückstag fand - wird der Copilot verdächtigt, den Piloten mit Absicht aus dem Cockpit ausgesperrt zu haben.
Zweite Blackbox ausgewertetExperten beraten über Konsequenzen
Bis ein vorläufiger Untersuchungsbericht vorliegt, dürften allerdings noch Monate vergehen. Flugunfalluntersuchungen folgen standardisierten Verfahren, bei denen auch kleinste Details berücksichtigt werden. Aufgabe der Ermittler ist es, möglichst viele Erkenntnisse aus dem Unglückshergang zu gewinnen, um ähnliche Vorfälle in Zukunft durch entsprechend geänderte Verfahren, Empfehlungen und Vorschriften möglichst auszuschließen.
Im Rahmen der strafrechtlichen Untersuchungen fanden Düsseldorfer Ermittler unterdessen weitere Hinweise zum Unglückshergang auf elektronischen Geräten in der Wohnung des Copiloten: Den Angaben aus Düsseldorf zufolge hat sich der Copilot kurz vor dem Todesflug mit seinem Computer über "Umsetzungsmöglichkeiten einer Selbsttötung" sowie Sicherheitsvorkehrungen bei Cockpit-Türen informiert. Offen blieb, ob er dabei auch nach Hilfsangeboten wie etwa der Telefonseelsorge suchte.
Für den Flugverkehr wird die Katastrophe nicht ohne Folgen bleiben: Nach Ostern kommen Fachleute der Luftfahrtbranche zusammen, um gemeinsam über Konsequenzen des tragischen Unglücks zu beraten. Dabei soll es dem Vernehmen nach um die Frage gehen, ob die Sicherheitstechnik rund um die Cockpit-Tür geändert werden muss.
Auch die Einführung einer Ausweispflicht bei innereuropäischen Flügen wird debattiert. Hintergrund dieser Debatte sind die Wirren, die in den Tagen nach dem mutmaßlich mutwillig herbeigeführten Absturzes im Zusammenhang mit ungenauen Passagierlisten aufgekommen waren. Die Behörden konnten zunächst nicht mit Sicherheit sagen, wer von den aufgelisteten Personen tatsächlich an Bord der Unglücksmaschine war. Geprüft werden sollen auch medizinische und psychologische Checks, mit denen die Flugtauglichkeit von Piloten festgestellt wird.
Wirbel um "Ausweichlandung"
Bei der Identifizierung der Opfer werden nach Angaben der französischen Ermittler die gefundenen DNS-Profile mit Proben von Angehörigen abgeglichen. Diese Arbeit sollen nach Ostern beginnen. Unter den insgesamt 150 Menschen an Bord von Flug 4U9525 war auch eine Schülergruppe aus Haltern in Nordrhein-Westfalen.
Während die Untersuchungen in Frankreich und in Düsseldorf fortlaufen, gab es am Samstag einen Zwischenfall mit einer Germanwings-Maschine, der ungewöhnlich viel Aufmerksamkeit auf sich zog: Eine Warnung über Ölverlust zwang den Airbus 319 zur außerplanmäßigen Landung in Stuttgart. Verletzt wurde niemand. Die Maschine war von Köln/Bonn aus gestartet und in Richtung Venedig unterwegs. Nach der Warnung im Cockpit wurde laut Germanwings aus Sicherheitsgründen ein Triebwerk abgeschaltet und eine "Ausweichlandung" vorgenommen. Am Flughafen wurde von einer "Notlandung" gesprochen.