Panorama

Sicherungsverwahrung angeordnet Höchststrafe für Attentäter von Solingen - lebenslange Haft

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Im August des vergangenen Jahres tötet ein Syrer drei Menschen auf dem Stadtfest in Solingen. Er wird einen Tag später gefasst und gesteht seine Tat vor Gericht. Das verurteilt ihn nun zur Höchststrafe, inklusive Sicherungsverwahrung. Die sei vor allem wegen der psychiatrischen Beurteilung nötig.

Im Prozess um den islamistisch motivierten Messerangriff von Solingen mit drei Toten ist der Angeklagte Issa al H. zur Höchststrafe verurteilt worden. Das Oberlandesgericht Düsseldorf verhängte eine lebenslange Haftstrafe und Sicherungsverwahrung, zudem stellte es die besondere Schwere der Schuld fest. Der Angeklagte habe als IS-Mitglied die Menschen heimtückisch und aus niedrigen Beweggründen getötet.

Bei der Attacke auf dem Solinger Stadtfest waren am 23. August 2024 drei Menschen getötet und acht weitere schwer verletzt worden. Laut Anklage der Bundesanwaltschaft soll der 27-jährige Syrer zumeist gezielt von hinten auf Festbesucher eingestochen haben. Er floh und wurde einen Tag später gefasst. Der Anschlag löste bundesweit Bestürzung sowie eine Debatte über mögliche Änderungen in der deutschen Flüchtlings- und Asylpolitik aus.

Das Urteil entsprach dem Antrag der Bundesanwaltschaft. Diese hatte eine lebenslange Freiheitsstrafe, Sicherungsverwahrung und die Feststellung einer besonderen Schwere der Schuld beantragt, was eine vorzeitige Haftentlassung praktisch ausschließt. Die Nebenkläger schlossen sich an. Die Verteidigung plädierte ebenfalls auf lebenslange Haft und besondere Schwere der Schuld. Der Forderung nach Sicherungsverwahrung schloss sie sich nicht an.

Laut Anklageschrift der Bundesanwaltschaft soll der Angeklagte im Namen der Dschihadistenmiliz Islamischer Staat (IS) gehandelt haben. Issa al H. habe die Tat für den IS begehen wollen, hieß es. Zudem sei es ihm darauf angekommen, dass sich der IS zu seiner Tat öffentlich bekennt, was wenig später tatsächlich geschah. Dies bestätigte das Gericht nun. "Der Angeklagte hat sich seit 2019 massiv islamistisch radikalisiert", sagte Richter Winfried van der Grinten. Auf seinem Tiktok-Profil habe er selbst IS-Propaganda verbreitet. An seinen Internet-Aktivitäten könne man ablesen, wie er sich immer weiter in der islamistischen Ideologie verfing.

Verurteilter hatte eigentlich anderen Plan

Vor dem Anschlag hatte H. ein Bekennervideo aufgenommen und den Treueschwur auf den IS-Kalifen abgelegt. Dem psychiatrischen Gutachter hatte er sich mit den Worten vorgestellt: "Ich bin Issa, ich habe drei Leute umgebracht. Da bekommt man 80 Jahre. Ich warte auf den Tod." Seine Tat hatte er zunächst als Rache für die Massaker "der Kreuzzügler" an Muslimen in Bosnien, dem Irak und weiteren Ländern bezeichnet, ein anderes Mal waren es die toten Kinder im Gazastreifen und die Waffenlieferungen Deutschlands an Israel, die ihn zu der Tat getrieben hätten. Eigentlich habe er einen Brandsatz auf die israelische Botschaft in Berlin werfen wollen, aber dann habe er in Solingen die Vorbereitungen zum Stadtfest wahrgenommen.

Ein Psychiater hatte dem Angeklagten einen Intelligenzquotienten von 71 attestiert, aber keinen Grund für eine verminderte Schuldfähigkeit gesehen. Ein IQ von 69 oder niedriger wird als geistige Behinderung angesehen. Der Psychiater sieht bei dem Mann zudem ein hohes Rückfallrisiko. Zur islamistischen Ideologie würden bei ihm ein Mangel an Empathie und eine Faszination für Gewalt kommen.

In dem Staatsschutzprozess im stark gesicherten Oberlandesgericht in der nordrhein-westfälischen Landeshauptstadt musste sich der Angeklagte seit Mai wegen dreifachen Mordes, zehnfachen versuchten Mordes sowie Mitgliedschaft in dem als ausländische terroristische Organisation eingestuften IS verantworten. Das Gericht kam nach nur 18 statt der ursprünglich veranschlagten 24 Prozesstage zu seinem Urteil.

Der Anschlag hatte bundesweit die Debatte über die Flüchtlings- und Asylpolitik angeheizt. In Nordrhein-Westfalen wurde in der Folge ein Sicherheitspaket mit Dutzenden Maßnahmen beschlossen. Ein Untersuchungsausschuss des nordrhein-westfälischen Landtags prüft derzeit, warum die Abschiebung von Issa al H. ins Erstaufnahmeland Bulgarien scheiterte.

Quelle: ntv.de, mpa/dpa/AFP

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