Panorama

Eine für alle Noch zwei Wochen Wahlkrampf

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Wählen macht schlank!!

Wählen macht schlank!!

(Foto: imago/ZUMA/Keystone)

"Wen wählst du?" "Keine Ahnung"." Schulterzucken, große Augen, ratlose Gesichter. Man weiß, wen man nicht wählt, fällt der Kolumnistin in ihrer Bubble auf, aber wo genau das Kreuzchen am 23. Februar landet, da herrscht noch Irritation. Hauptsache demokratisch! Aber reicht das?

Es geht eigentlich nur um eines im Moment im Wahlkampf, um Migration. Um gute Migranten und schlechte Migranten ("GMSM", garantiert nicht nur beim RTL zu sehen), zu viele hier, zu wenige da. Die Chaoten und Krawallmacher, die Terroristen, die sollen verschwinden, nachvollziehbar. Die Pfleger und die Ärzte und die Spezialisten und die Friseure und die Dönermänner, UberfahrerInnen und die netten Habibis, die sollen hierbleiben. Nur, wie finden wir so schnell heraus, wer wer ist? Wir brauchen Hunderttausende, um die Verrentung der Boomer zu verstoffwechseln, wie will man das prüfen, welcher Migrant da jetzt geeignet ist, sagen wir mal, die Arbeiten zu verrichten, die ein Eingeborener Deutschlands eh nicht verrichten will?

Und was ist mit anderen Themen zur Wahl? Was ist zum Beispiel mit Bildung? Ich habe ein interessantes Gespräch geführt mit Ronja Ebeling, einer Podcasterin, Gründerin und Journalistin, die sich, so sieht das für mich jedenfalls aus, 24/7 mit diesem Thema beschäftigt. Zu Recht. Seitdem treibt mich der Fakt um, dass wir keine Zeit mehr haben, die jungen Menschen jetzt, auf der Stelle, in die Spur zu bringen. Die jungen Menschen haben Corona-Lücken, egal ob sie zu dem Zeitpunkt 6, 16 oder 26 waren. Die sind kaum zu stopfen. Und es scheint auch niemanden so richtig zu interessieren. An Schulen ist davon jedenfalls nichts zu merken.

Rücksichtnahme, neue Lehrpläne, Empathie und Nachhilfe in so ziemlich allem - Fehlanzeige. Stattdessen Brandbriefe von Lehrern, die mit den Schülerinnen und Schülern nicht mehr klarkommen und keinen Bock auf ihren Beruf haben. Was ist andersherum? Was ist mit all den Kindern, die Lücken haben? Egal, fallen halt durchs Raster und räumen dann die Regale beim Lidl ein. Nicht egal, denn die fehlen uns, schon jetzt und erst recht in Zukunft. Aber das ist ein ganz eigenes, riesiges Thema. Die jungen Menschen wissen noch weniger, was sie wählen sollen, als wir altersmäßig Fortgeschrittenen, zu denen ich mich voller Stolz und Glück zähle.

Wer die Wahl hat, hat die Qual

Es ist ein Privileg, wählen zu dürfen. Es ist ein Privileg, demonstrieren zu können, ohne gleich eingesperrt zu werden. Oder die Hand abgehackt zu bekommen, weil man sein Haar offen trägt. Das sind Errungenschaften, die wir gar nicht hoch genug hängen können. Wer das nicht kapiert, ist doof. Und hat hier in diesem Land tatsächlich nichts zu suchen.

Der beste Balletttänzer aller Zeiten, Mikhail Baryshnikov, geboren in Russland, fasst es für sich so zusammen: "Vor 42 Jahren habe ich ein Land verlassen, das Mauern errichtete, und kam an einen Ort, der keine hatte. Aber heute, als Bürger der Vereinigten Staaten, höre ich Dinge, zum ersten Mal, die mich an die Sowjetunion meiner Jugend erinnern. Dort war es ein Verbrechen und ist es immer noch, anders zu sein."

Oder, lassen Sie es mich mit den Worten meiner Oma (und vieler anderer Omas) sagen: "Gut gemeint ist nicht unbedingt gut gemacht." Ja, Sophia Thomalla mag auch recht haben mit ihrer Aussage, dass - sinngemäß - mal einer auf den Tisch hauen muss. Dass einer mal Stärke beweisen sollte und den dummen Schäfchen sagt, wo es langgeht. Wenn die Richtung aber falsch ist? Wenn einer übereilt falsch an der Kreuzung abgebogen ist? Was dann?

"Real Housewifes of the White House"

Lasst euch nicht ablenken von dieser neuen Serie auf Disney+ "Gettin' nasty with Donald" - denn genau so sitzen wir vor dem Bildschirm oder der Glotze, und schauen uns an, was Nummer 47 auf der anderen Seite der Erdkugel da treibt. Mit der Faszination des Grauens sind wir mittendrin in einer weiteren Staffel und sagen ernsthaft: "Jetzt lasst ihn doch erstmal machen." Lasst ihn doch erstmal einen großen Freizeitpark auf dem Gazastreifen bauen, alles planieren, und dann ein paar Riesenräder aufstellen und Topfpflanzen, das wird helfen. Lasst ihn doch erstmal alle Krankenhäuser in den Vereinigten Staaten für Transmenschen und Menschen ohne Versicherungen, Obdachlose, Kinder von Migranten, komplett unzugänglich machen, dann werden die schon sehen, was sie von ihrem Transleben und ihrem Nichtversichertsein haben. Lasst ihn doch erstmal alle, die ihm nicht passen, nach Guantánamo schicken.

Ihr wisst schon, wie das mit amerikanischen Serien ist? Es braucht einen Moment, und zuerst werden sie einfach nur schlecht synchronisiert, aber dann, irgendwann, kommt einer aus einem Loch geschossen, mit einem Drehbuch unter dem Arm, und ahmt das nach. Hier. Bei uns. Und dann gnade euch Gott, dass eurer Kind nicht trans ist, ihr versichert seid und keine Kacke am Hacken habt (Steuern, Strafzettel, GEZ nicht bezahlt?). Dann seht ihr aber blass aus.

Sie finden diese Kolumne wirr? Kann sein, dann habe ich vielleicht noch Chancen in der Politik. Denn was interessiert mich mein Geschwätz von vor zwei Absätzen? Ich bin jetzt auch fertig - "Ich gebe Ihnen mein Ehrenwort!" - aber bevor ich ganz zum Schluss komme: Versprechen Sie mir, noch einmal über Friedlaf Schmerz (meine aktuelle Lieblingskombi aus Pest und Cholera) & Co. nachzudenken und wählen zu gehen, in zwei Wochen. Irgendwas mit Demokratie am besten!

Und PS: Der Wahl-O-Mat ist eröffnet!!

Quelle: ntv.de

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