Nach Missbrauchsfall in Staufen Jugendamt und Justiz sind auf dem Radar
17.06.2018, 07:20 Uhr
Die angeklagte Mutter des Jungen an einem Prozesstag in der vergangenen Woche.
(Foto: dpa)
Die Staatsanwaltschaft Freiburg prüft die Arbeit von Jugendamt und Justiz im Missbrauchsfall Staufen. Anlass sind mehrere Strafanzeigen von Bürgern. Der Prozess gegen die beiden Hauptbeschuldigten in dem Fall wird unterdessen fortgesetzt.
Nach dem jahrelangen Missbrauch eines Kindes in Staufen bei Freiburg prüft die Staatsanwaltschaft die Arbeit von Jugendamt und Justizbehörden in dem zutiefst verstörenden Fall. Es seien knapp 15 Strafanzeigen von Bürgern eingegangen, sagte ein Sprecher der Ermittlungsbehörde in Freiburg. Sie richteten sich gegen Verantwortliche des Jugendamtes und Richter an den zwei beteiligten Gerichten.
Diese hatten im Frühjahr 2017 entschieden, dass der betroffene Junge bei seiner Familie bleiben solle - obwohl es Anzeichen für eine Gefährdung des Kindes gab. Hinweise auf die Vergewaltigungsserie, die nach den Angaben von Anfang 2015 bis Herbst 2017 dauerte, hatten die Beteiligten demnach damals nicht. Jugendamt und Justiz wird vorgeworfen, den Jungen nicht geschützt zu haben. Er ist heute neun Jahre alt und lebt bei einer Pflegefamilie.
Der Junge wurde den Ermittlungen zufolge von seiner 48 Jahre alten Mutter und deren 39-jährigem Lebensgefährten im sogenannten Darknet angeboten und Männern aus dem In- und Ausland für Vergewaltigungen überlassen. Dafür habe das Paar Geld kassiert. Der Lebensgefährte ist laut Landgericht Freiburg wegen schweren Kindesmissbrauchs vorbestraft. Er durfte sich Kindern nicht nähern und stand unter sogenannter Führungsaufsicht. Dennoch lebte er den Angaben zufolge bei der Frau und ihrem Kind.
Prozess wird am Montag fortgesetzt
Konkrete Hinweise auf strafrechtlich relevante Versäumnisse von Behörden und Gerichten habe die Staatsanwaltschaft bislang nicht, sagte der Sprecher. Es werde jedoch weiter ermittelt. Zudem werde das Ende aller Strafprozesse in dem Fall abgewartet. Aus den Prozessen könnten sich neue Erkenntnisse ergeben. Strafanzeigen von Bürgern seien in solchen Fällen, die derart in der Öffentlichkeit stehen, nicht ungewöhnlich, sagte der Sprecher weiter.
Der am vergangenen Montag begonnene Prozess gegen die Mutter und den Lebensgefährten wird am Montag fortgesetzt. Der 39-Jährige hat die Taten gestanden, die Mutter schwieg bislang. Sie hat angekündigt, sich unter Ausschluss der Öffentlichkeit äußern zu wollen. Ein Urteil in diesem Prozess wird es Gerichtsangaben zufolge frühestens Mitte Juli geben. Im Staufener Missbrauchsfall gibt es insgesamt acht mutmaßliche Täter - die Mutter und ihr Lebensgefährte, beide Deutsche, sind die Hauptbeschuldigten.
Quelle: ntv.de, wne/dpa