Panorama

Schüler stundenlang eingeschlossen Katastrophenalarm in Niederbayern ausgelöst

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Der Dauerregen macht aus Flüssen und Bächen reißende Flutwellen. In Niederbayern stehen mehrere Orte unter Wasser. Besonders heftig trifft es Triftern. Dort harren Kinder bis zum Abend in einer Schule aus, die vom Wasser eingeschlossen ist.

Das Wasser kam schnell und heftig: Nach stundenlangem Dauerregen ist im Südosten Bayerns Hochwasser-Katastrophenalarm ausgelöst worden. Flüsse und Bäche traten ungewöhnlich rasant über die Ufer, die Flutwelle riss Autos und Bäume mit sich. Vielerorts stand das Wasser meterhoch in den Straßen. Viele Häuser waren komplett eingeschlossen, die von den Wassermassen überraschten Bewohner mussten mit Hubschraubern gerettet werden. In Triftern bei Pfarrkirchen saßen stundenlang rund 250 Kinder in ihrer Schule fest.

Das Landratsamt Rottal-Inn rechnete mit Schäden im zweistelligen Millionenbereich, Todesopfer habe es glücklicherweise nicht gegeben. In dem Landkreis sind etwa 9000 Haushalte vom Strom abgeschnitten. Die Fluten verhinderten vielerorts den Zugang zu Trafostationen oder Umspannwerken, teilte der Energienetzbetreiber Bayernwerk mit. Tausende Haushalte sollten auch über Nacht ohne Stromversorgung sein. Aus Sicherheitsgründen müsse der Strom abgeschaltet bleiben, da es noch keinen detaillierten Überblick über die Hochwassersituation gebe, hieß es.

In Bayern ist es das zweite schlimme Hochwasser binnen weniger Tage. Erst rund 72 Stunden zuvor hatten Überschwemmungen im Großraum Ansbach große Schäden angerichtet. Die Aufräumarbeiten dort dauern immer noch an.

Auch wenn es zuvor eine Unwetterwarnung gegeben hatte, war das Ausmaß des Hochwassers in Niederbayern doch überraschend: "Mit dieser Wucht hat wohl niemand gerechnet", sagte ein Sprecher des Landratsamtes in Pfarrkirchen. So sah es auch Emil Bumberger von der Polizei in Pfarrkirchen: "Es herrscht Land unter. Die Wassermassen kamen sehr schnell."

Welle rollt durch Simbach am Inn

In vielen Gemeinden war die Lage dramatisch. In Simbach am Inn wälzte sich eine reißende, schlammig-braune Flutwelle durch den Ort. Eine Asylbewerberunterkunft in einer ehemaligen Turnhalle wurde geräumt. Rettungskräfte berichteten, dass Lastwagenfahrer auf der Bundesstraße 12 auf die Dächer ihrer Fahrzeuge geklettert waren, weil sie Angst hatten, von den Fluten davon geschwemmt zu werden.

Auch die Polizei war betroffen - die Beamten mussten ihre Dienststelle verlassen. "Da steht das Wasser meterhoch", sagte ein Polizeisprecher. Land unter auch am Grenzübergang zum österreichischen Braunau: Eine Brücke war komplett überspült.

Schüler sitzen fest

Ähnlich sah es in Triftern aus. Dort wurde der ganze Ortskern überspült. Der Markt Triftern mit seinen 5000 Einwohnern ist nach den Worten eines Gemeindesprechers von der Außenwelt abgeschnitten, weil alle Brücken überschwemmt seien. Rund 250 Kinder mussten stundenlang in einer Schule ausharren, weil die Zufahrtswege überspült waren. Zunächst konnten 200 von ihnen abgeholt werden. Doch erst am Abend waren die Straßen wieder frei und alle Kinder konnten wieder nach Hause.

Glück im Unglück hatte eine Schulklasse aus Augsburg, die mit zwei Lehrern und einem Begleiter unterwegs war. Die Siebtklässler waren während einer Bootstour auf dem Schwarzen Regen in Niederbayern vom Unwetter überrascht worden. Bei Dauerregen und heftiger Strömung wurden ihre Kähne auseinandergetrieben. Ein Teil der Gruppe gelangte ans Ufer, 20 Kinder strandeten auf einer Insel und mussten gerettet werden. Die Wasserwacht brachte die verstörten Schüler in Sicherheit, ein Mädchen erlitt einen Schock, ein anderes eine Unterkühlung.

Neben zahlreichen Feuerwehren eilte auch die Wasserwacht ins Katastrophengebiet. "Alles, was wir verfügbar haben, ist im Einsatz", hieß es vom Polizeipräsidium Niederbayern. Polizisten seien von Grenzübergängen abgezogen worden. Auch auf österreichischer Seite herrsche Alarmbereitschaft. Die Vorsorge ist nicht unbegründet: Mit Sorge beobachteten viele Gemeinden die Pegelstände im Einzugsgebiet des Inns.

Bayerns Finanzminister Markus Söder sagte unterdessen Unterstützung zu: Der Freistaat werde bei der Regulierung der Schäden "schnell und unbürokratisch helfen", sagte er der "Passauer Neuen Presse".

Passau ruft Katastrophenfall aus

Inzwischen hat Passau den Katastrophenfall als Vorstufe zu einem möglichen Katastrophenalarm ausgerufen. Damit habe der Katastrophenschutz-Stab des Landkreises seine Arbeit aufgenommen, teilte das Landratsamt mit. Dieser koordinierte den Einsatz von mehr als 40 Feuerwehren. Die Bevölkerung sei aufgerufen, auf unnötige Autofahrten zu verzichten, nach Möglichkeit im Haus zu bleiben und Kellerräume zu meiden.

"Die anhaltenden Regenfälle im südlichen Landkreis und die zu erwartenden Hochwasserstände an Rott und Wolfach geben keinen Anlass, von einer Entspannung der Situation auszugehen." Der Landrat habe die Entscheidung getroffen, nachdem sich Meldungen von Schäden gehäuft hatten. "Wir haben überflutete Straßen und überflutete Keller, großflächig und im großen Ausmaß", sagte eine Mitarbeiterin des Landratsamts.

Wasser aus Notaufnahme gepumpt

Starkregen machte den Menschen auch in Hannover zu schaffen. In Leipzig standen zeitweise einige Straßen unter Wasser. "Die Kanalisation konnte die Wassermassen nicht schnell genug aufnehmen", sagte ein Feuerwehrsprecher. In einem Leipziger Krankenhaus musste die Feuerwehr Wasser aus der Notaufnahme abpumpen.

Die Bahnstrecke zwischen Dresden und Prag, die am Dienstag überspült worden war, wurde hingegen wieder für den Verkehr freigegeben. Der DWD warnte aber vor neuen Gewittern, Starkregen und Hagel im Osten und Westen Deutschlands. Unter anderem gab es am Abend Unwetterwarnungen für weite Teile von Nordrhein-Westfalen und das südwestliche Niedersachsen. Die Pegelstände an Rhein, Nahe und Mosel fielen nach einem sprunghaften Anstieg zu Wochenbeginn zunächst wieder.

Quelle: ntv.de, jwu/hul/dpa/AFP

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