Panorama

Experiment auf der TanzflächeKleid zeichnet Grabscher auf

29.11.2018, 14:50 Uhr
11698663
Es passiert nicht nur auf der Tanzfläche - Frauen werden öfter angefasst, als Mann glaubt. (Foto: picture-alliance/ dpa)

Viele Männer können sich kaum vorstellen, wie oft Frauen ohne ihr Einverständnis angefasst werden. Nun wurde dies mit einem Kleid voller Sensoren getestet - drei Frauen trugen es an einem Abend in einem Club. Das Ergebnis ist entlarvend.

Spätestens die #Metoo-Debatte hat es gezeigt: Frauen werden viel öfter Opfer von sexuellen Übergriffen als Mann das so gedacht hat - 21. Jahrhundert hin, Emanzipation her. Eine Kampfzone ist seit jeher die Tanzfläche. Dort erleben Frauen es regelmäßig, dass sie ungefragt angefasst werden, ohne dass sie - in welcher Form auch immer - ihr Einverständnis signalisiert haben. Der Getränkehersteller Schweppes hat sich dieses Themas nun angenommen und ein interessantes Experiment durchgeführt.

Eine beauftragte Werbeagentur ließ ein Kleid schneidern, dass mit zahlreichen Sensoren ausgestattet wurde. Diese sollten jedes Antatschen aufzeichnen und per Drahtlos-Internetverbindung an einen Rechner senden. In einem Club in Brasilien sollten drei Frauen das Kleid an einem Abend tragen und sich ganz normal zwischen Tanzfläche und Bar bewegen. Das Ganze wurde überdies gefilmt - dabei ist zu sehen, wie die Damen immer wieder daraufhinweisen, dass man doch bitte nur mit ihnen reden und nicht gleich Hand auflegen möge.

Bevorzugte Stellen der Männer waren Arme, unterer und oberer Rücken. Insgesamt wurden die Frauen 157 an einem Abend über knapp vier Stunden absichtlich berührt. Das überraschte auch zahlreiche Männer, denen anschließend Videoaufnahmen des Experiments vorgeführt wurden. Zuvor hatten einige Herren in Interviews noch abgestritten, dass es sich um ein großes Problem handele. Die Frauen wollten sich bloß über alles beschweren, sagte ein Mann etwa. Anschließend waren doch einige überrascht, wie plump manche Annäherungsversuche waren.

Ob sich die Situation in Brasilien eins zu eins auf Deutschland übertragen ließe, lässt sich kaum klären. Doch auch hierzulande erleben viele Frauen Belästigungen, sei es durch Betatschen oder anzügliche Sprüche. Laut einer Yougov-Umfrage im Auftrag der dpa aus dem vergangenen Jahr gaben 43 der befragten Frauen an, schon einmal sexuell bedrängt oder belästigt worden zu sein. Bei den Männern waren es immerhin 12 Prozent. 18 Prozent der Männer gaben demzufolge an, sich selbst schon belästigend verhalten zu haben.

Die #Metoo-Debatte verunsichert aber auch manche Männer. Sie fragen sich, was überhaupt noch erlaubt ist, wann man wirklich davon ausgehen könne, dass die Frau mit einem Annäherungsversuch einverstanden ist. In den USA kam sogar die Idee auf, vor dem Sex eine Art Erklärung auf Papier zu unterschreiben. Andere fühlen sich mit dem gesunden Menschenverstand auf der sicheren Seite - dass ungefragtes Antatschen von hinten oder der Seite nicht in Ordnung ist, sollte jedem klar sein.

Quelle: vpe

SexismusHarvey WeinsteinSexualisierte Gewalt#MeToo