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Tatsächlich Mediziner? Kollegen nannten Taleb A. "Dr. Google"

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Die Behandlungspraktiken von A. sollen laut "Mitteldeutscher Zeitung" unter der Belegschaft immer wieder für Verwirrung gesorgt haben.

Die Behandlungspraktiken von A. sollen laut "Mitteldeutscher Zeitung" unter der Belegschaft immer wieder für Verwirrung gesorgt haben.

(Foto: picture alliance/dpa)

Der Todesfahrer von Magdeburg hat sich als Facharzt für Psychiatrie im Maßregelvollzug um suchtkranke Straftäter gekümmert. Doch die Belegschaft hatte Taleb A. anscheinend misstraut und Zweifel an seinen Kompetenzen. Kollegen sollen ihm einen spöttischen Spitznamen gegeben haben.

Während die Hinterbliebenen sich nach der Todesfahrt von Magdeburg fragen, wie gerade ein Arzt, der eigentlich Menschenleben retten soll, so eine Tat begehen kann, mehren sich die Zweifel an seinen Kompetenzen. Wie die "Mitteldeutsche Zeitung" berichtet, haben seine Kollegen ihm offenbar misstraut. "Er heißt bei uns 'Dr. Google'", zitiert die Zeitung einen Mitarbeiter. Vor jeder gestellten Diagnose habe er demnach im Internet nachschauen müssen. Es habe daraufhin auch Hinweise an die Klinikleitung gegeben, die aber abgewiegelt wurden. Die Klinik wollte sich auf Anfrage dazu nicht äußern.

Taleb A. arbeitete zuletzt seit März 2020 in Bernburg als Facharzt für Psychiatrie im Maßregelvollzug und kümmerte sich um suchtkranke Straftäter. "Seit Ende Oktober 2024 war er urlaubs- und krankheitsbedingt nicht mehr im Dienst", hieß es in einer Mitteilung des Gesundheitsunternehmens Salus, das in Bernburg ein Fachklinikum für Psychiatrie und Suchtmedizin betreibt.

Der 50-Jährige, der drei Therapiestationen geleitet hat, soll seine Visiten laut dem Bericht grundsätzlich alleine absolviert und Gespräche mit Mitarbeitern möglichst vermieden haben. Darüber hinaus hätten sich einige Patienten geweigert, von ihm behandelt zu werden. Dadurch, dass A. schlecht Deutsch gesprochen habe, soll es wiederholt zu Missverständnissen bei der Diagnosestellung gekommen sein.

Auch die Behandlungspraktiken von A. sollen laut "Mitteldeutscher Zeitung" unter der Belegschaft immer wieder für Verwirrung gesorgt haben. Demnach habe A. einem neuen Patienten auf die Frage, wie sie von ihrer Rauschgiftsucht loskommen, immer wieder geraten: "Alkohol gut, Honig schlecht".

Im benachbarten Salus-Fachklinikum soll A. sogar mehrfach Medikamente verschrieben haben, deren Einnahme die Patienten in Lebensgefahr gebracht hätten. Dass nichts Schlimmeres passiert sei, sei lediglich aufmerksamen Schwestern zu verdanken gewesen.

Als A. im Mai wochenlang nicht zur Arbeit erschien, gingen Mitarbeiter davon aus, er habe sich abgesetzt, weil er kein Arzt sei. Dann sei er plötzlich wieder aufgetaucht. Fakt ist: In einem Streit um die Anerkennung von Prüfungsleistungen soll A. gegenüber Vertretern der Ärztekammer Mecklenburg-Vorpommern mit einer Tat gedroht, die internationale Beachtung bekommen werde.

Neben seiner Tätigkeit als Arzt ist Taleb A. als Aktivist und vehementer Islamkritiker unterwegs gewesen - vor allem in den sozialen Netzwerken, wo ihm schon vor dem Anschlag mehr als 40.000 Menschen folgen. Dass er sich darüber hinaus auch für die Rechte von Frauen in Saudi-Arabien eingesetzt hat, kann eine ehemalige Mitarbeiterin laut einem Bericht der Zeitung "Badische Neueste Nachrichten" kaum glauben. "Er ist völlig respektlos gegen weibliches Personal aufgetreten, hat uns die Türen vor der Nase zugeknallt. Wenn wir nachfragten, weil wir etwas nicht verstanden hatten, reagierte er aggressiv", zitiert das Blatt die Frau.

Taleb A. war am Freitagabend mit einem Mietwagen auf einem Weihnachtsmarkt in der Landeshauptstadt von Sachsen-Anhalt durch die Menschenmenge gerast. Dabei wurden ein neunjähriges Kind sowie vier Frauen getötet und mehr als 200 Menschen teils schwerst verletzt. Der 50-Jährige wurde unmittelbar nach der Tat festgenommen.

Quelle: ntv.de, jki

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