Justiz ermittelt gegen Sanofi Löst Epilepsiemittel Fötus-Fehlbildung aus?
04.02.2020, 13:52 Uhr
Sanofi will zeigen, dass es seine Informationspflicht erfüllt hat.
(Foto: imago/Joko)
Das Epilepsiemedikament Depakine soll für Missbildungen bei Tausenden Föten verantwortlich sein. Frankreichs Justiz ermittelt deshalb nun gegen den Pharmakonzern Sanofi. Er soll Schwangere nicht ausreichend über die Risiken informiert haben.
Nach Tausenden Fällen von Missbildungen bei Neugeborenen hat die französische Justiz ein Ermittlungsverfahren gegen den Pharmakonzern Sanofi eingeleitet. Dabei geht es um das Epilepsiemedikament Depakine, wie das Unternehmen am Montagabend mitteilte. Das Arzneimittel enthält den umstrittenen Wirkstoff Valproat, der bei der Einnahme durch Schwangere Missbildungen bei Föten verursachen kann. Valproat wird auch in Deutschland verkauft.
In den Ermittlungen geht es nach Angaben von Sanofi um die Vorwürfe der "schweren Irreführung" und der "fahrlässigen Körperverletzung". Das französische Unternehmen bezeichnete die Ermittlungen als Gelegenheit, um zu zeigen, dass es bei dem Medikament seine "Informationspflichten erfüllt" habe. Die Ermittlungen umfassen einen Zeitraum von 25 Jahren von 1990 bis 2015.
Der französische Verband Apesac, der Hunderte betroffene Familien vertritt, begrüßte die Einleitung des Strafverfahrens. Das sei ein "wichtiger Wendepunkt in dem Fall", sagte Verbandsanwalt Charles Joseph-Oudin. Nach seinen Angaben gibt es "Tausende Opfer" durch das Medikament.
Apesac vertritt rund 4000 Menschen, die Hälfte davon sind betroffene Kinder. Der Verband geht seit 2016 juristisch gegen Sanofi vor und stützt sich auf Fälle von Müttern, die Depakine während der Schwangerschaft einnahmen. Bisher wurden nach Angaben des Anwalts von rund 40 Menschen Strafanzeige gegen Sanofi gestellt. Sie werfen dem Konzern vor, Schwangere nicht hinreichend über die Risiken informiert zu haben.
Bis zu 4100 Missbildungen in Frankreich
Laut einer Schätzung der französischen Arzneimittelaufsichtsbehörde ANSM vom April 2017 kamen bis zu 4100 Kinder in Frankreich wegen des Wirkstoffs Valproat mit schweren Missbildungen auf die Welt. Demnach haben Frauen, die während der Schwangerschaft Valproat einnehmen, ein deutlich erhöhtes Risiko, ein Kind mit schweren Missbildungen zur Welt zu bringen. Auch Autismus und geistige Behinderungen können die Folge sein.
Depakine wird bereits seit 1967 in Frankreich vertrieben. Verschrieben wird das Medikament nicht nur gegen Epilepsie, sondern auch gegen bipolare Störungen. Die Gefahr von Missbildungen bei Babys ist seit Anfang der 80er-Jahre bekannt. Seit 2015 darf das auch in Generika enthaltene Valproat in Frankreich schwangeren Frauen oder Frauen im gebärfähigen Alter nur noch verschrieben werden, wenn andere Medikamente nicht anschlagen.
Quelle: ntv.de, ftü/AFP