Panorama

Kritik am Umgang mit Frauen Muss das Idol Picasso zerstört werden?

Frauen waren für Picasso "Göttinnen oder Fußabtreter".

Frauen waren für Picasso "Göttinnen oder Fußabtreter".

(Foto: imago/ZUMA/Keystone)

Pablo Picasso ist der berühmteste Maler des 20. Jahrhunderts, doch er wird nicht nur bewundert. Sein Umgang mit Frauen sorgt mittlerweile für Kritik. Nicht nur wegen des Zitats von der Frau als "Fußabtreter".

Mit seinen Frauengeschichten würde Pablo Picasso heute als Macho und Sexist durchgehen: Er hatte zwei Ehefrauen, mehrere Geliebte und zahllose Affären. Seine zweite Frau war 27, als er sie mit 79 Jahren heiratete. Einige der ihm zugeschriebenen Zitate würden heutzutage wohl die Server von Twitter explodieren lassen: "Für mich gibt es nur zwei Arten von Frauen: Göttinnen und Fußabtreter" ist eines davon.

Nichts davon ist neu und wird seit seinem Tod 1973 in Büchern und Artikeln aufgearbeitet. Doch seit #MeToo ist Picassos Beziehung zu Frauen wieder ein Thema in der Kunstwelt. "MeToo hat dem Künstler offensichtlich geschadet", sagt die Direktorin des Pariser Picasso-Museums, Cécile Debray. "Die Angriffe sind zweifellos umso heftiger, weil Picasso die berühmteste und beliebteste Figur der modernen Kunst ist - ein Idol, das zerstört werden muss."

Es ist nicht so, dass das Thema unter den Teppich gekehrt wird. Das Pariser Museum stellt etwa die Bilderserie "Les femmes qui pleurent sont en colère" (deutsch etwa: "Frauen, die weinen, sind wütend") der französischen Malerin Orlan aus. Sie interpretiert Picassos berühmtes kubistisches Porträt "Die weinende Frau" neu und stellt die von ihm porträtierten Frauen in den Mittelpunkt. Das Schwestermuseum in Barcelona veranstaltet im Mai Workshops und Kolloquien mit Kunsthistorikern und Soziologen, um das Thema zu vertiefen.

"Genial, gewalttätig, eifersüchtig, pervers"

Neu entfacht hat die Debatte auch ein preisgekrönter französischer Podcast. Er stützt sich stark auf das 2017 erschienene Buch "Picasso, der Minotaurus" von Sophie Chauveau, in dem die Journalistin den Schöpfer von Meisterwerken wie "Guernica" als "genialen" Künstler und als "gewalttätigen", "eifersüchtigen", "perversen" und "zerstörerischen" Mann beschreibt.

Für Debray sind einige von Chauveaus Behauptungen "anachronistisch" und stützen sich auf "Vermutungen und Behauptungen ohne historische Bezüge". Dennoch begrüßt sie die Debatte: "Die Kunstgeschichte lebt von den Fragen unserer Zeit und neuer Generationen."

Die Frage, wie und ob Picassos Leben von seiner Kunst getrennt werden kann, treibt auch Picassos Nachfahren um. Über die Frauen ihres Großvaters schrieb seine Enkelin Marina Picasso einmal: "Er unterwarf sie seiner animalischen Sexualität, zähmte sie, betörte sie, nahm sie in sich auf und zerquetschte sie auf seiner Leinwand."

Eine Muse nahm sich das Leben

Ein anderer Enkel, Olivier Widmaier-Picasso, warnt dagegen davor, Picasso als Monster abzustempeln. Dies berge die Gefahr, den Frauen, die ihn liebten, jegliche Handlungsmacht abzusprechen, sagt der Sohn von Picassos Tochter Maya. "Einige haben es gut überstanden, aber für andere ging es schlecht aus. Es ist alles sehr kompliziert - keine Frau gleicht der anderen."

Einige wie Marie-Thérèse Walter waren junge, verletzliche Musen, die an Picasso zugrunde gingen - sie nahm sich das Leben. Doch andere wie Françoise Gilot wussten genau, worauf sie sich mit Picasso einließen, und hatten kein Problem zu gehen, als sie genug hatten.

Picassos Werke zeigten etwas von dieser Komplexität, so Widmaier-Picasso: "Es gibt gewalttätige Werke, andere sind sehr zart, sehr weich. Frauen waren für sein Schaffen notwendig und ohne sie hätte etwas gefehlt." Widmaier-Picasso widmete seinem Großvater zwei Bücher, für die er "sein noch lebendes Umfeld und die Familienarchive befragte". Um "die Dinge richtig zu stellen", wie er sagt.

Quelle: ntv.de, Sandra Biffot-Lacu, Jordi Zamora, Eric Randolph, AFP

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