Panorama

Beisetzung in Berlin-Weißensee Trauerredner würdigen Friedländers "Geschichte der Stärke"

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Im Alter von 103 Jahren stirbt Margot Friedländer. Wie wichtig ihr Wirken war, zeigt die Gästeliste ihrer Beerdigung: Merkel, Merz, Scholz sowie Steinmeier und mehr kommen auf den Jüdischen Friedhof in Berlin. Sie würdigen die Holocaust-Überlebende, die "eine Spur hinterlässt, die über den Tod hinausgeht".

Bei der Beisetzung von Margot Friedländer auf dem Jüdischen Friedhof in Berlin-Weißensee haben mehrere Redner das Eintreten der Holocaust-Überlebenden für Menschlichkeit und gegen Hass gewürdigt. Der Vorsitzende der Jüdischen Gemeinde zu Berlin, Gideon Joffe, erinnerte daran, dass die Nazis Mutter, Vater und Bruder Friedländers ermordet hätten, sie selbst sei im Konzentrationslager Theresienstadt inhaftiert gewesen. "Aber aus dieser Vergangenheit heraus sind Sie jemand geworden, der nicht hassen wollte, sondern erinnern, nicht anklagen, sondern erzählen", so Joffe. Friedländer symbolisiere das, was einen Menschen ausmache: Wärme, Nahbarkeit und Mitgefühl.

Der Rabbiner der Jüdischen Gemeinde Chabad Berlin, Yehuda Teichtal, äußerte sich ähnlich: "Margot, Deine Geschichte ist eine Geschichte der Stärke und der unzerbrechlichen Menschlichkeit." Das Vermächtnis Friedländers sei, immer zu versuchen, die Welt zu einem menschlicheren und besseren Ort zu machen.

An der Trauerzeremonie nahmen auch Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier, Bundestagspräsidentin Julia Klöckner, Bundeskanzler Friedrich Merz und Berlins Regierender Bürgermeister Kai Wegner teil. Zudem waren unter den Gästen Altbundespräsident Joachim Gauck und Altkanzlerin Angela Merkel sowie ihr Nachfolger Olaf Scholz. Joffe nannte die Anwesenheit hoher Vertreterinnen und Vertreter des Staates bei der Trauerzeremonie ein "starkes, würdiges Zeichen".

Friedländer als "lebendige Brücke"

Neben ranghohen Politikern fanden sich einige Künstler und Menschen aus Friedländers Freundeskreis auf dem Jüdischen Friedhof ein. Dazu zählten auch der israelische Botschafter in Berlin, Ron Prosor, und der Vorsitzende der Jüdischen Gemeinde, Josef Schuster.

Gemeinderabbiner Jonah Sievers aus Friedländers Synagogengemeinde Pestalozzistraße nannte die Verstorbene einen "moralischen Kompass". Sie sei nicht nur Zeitzeugin gewesen, sondern auch eine "lebendige Brücke zwischen Vergangenheit und Gegenwart". Friedländer habe "eine Spur hinterlassen, die über den Tod hinausgeht".

Namhafte Gäste in der ersten Reihe (v.l.n.r.): Der Regierende Bürgermeister von Berlin Kai Wegner, Ex-Kanzlerin Angela Merkel, Axel-Springer-Chef Mathias Döpfner, Bundeskanzler Friedrich Merz und Josef Schuster, Präsident des Zentralrates der Juden.

Namhafte Gäste in der ersten Reihe (v.l.n.r.): Der Regierende Bürgermeister von Berlin Kai Wegner, Ex-Kanzlerin Angela Merkel, Axel-Springer-Chef Mathias Döpfner, Bundeskanzler Friedrich Merz und Josef Schuster, Präsident des Zentralrates der Juden.

(Foto: picture alliance/dpa/dpa Pool)

Friedländer war am Freitag im Alter von 103 Jahren in Berlin gestorben. Die gebürtige Berlinerin gehörte zu den bekanntesten und öffentlich aktivsten Zeitzeuginnen der NS-Judenverfolgung. Friedländer versteckte sich während der nationalsozialistischen Judenvernichtung in Berlin im Untergrund, wurde aber verraten und in das Konzentrationslager Theresienstadt verschleppt. Sie überlebte, ihre ganze Familie wurde jedoch im Vernichtungslager Auschwitz ermordet.

Friedländer war "enttäuscht und traurig"

Nach dem Zweiten Weltkrieg wanderte Friedländer mit ihrem Ehemann, den sie im KZ getroffen hatte, in die USA aus. Erst später im Leben setzte sie sich mit ihren Erfahrungen im Holocaust auseinander. Friedländer bezeichnete den Schritt als ihr "viertes Leben". Bekannt machte sie unter anderem ihre Autobiografie "Versuche, dein Leben zu machen".

2010 entschied sie sich im Alter von 88 Jahren zur dauerhaften Rückkehr in ihre Geburtsstadt Berlin. Im Jahr darauf erhielt sie das Bundesverdienstkreuz am Bande. Die Stadt Berlin verlieh Friedländer 2018 die Ehrenbürgerwürde. Deshalb erhält Friedländer jetzt ein sogenanntes Ehrengrab.

Sie engagierte sich bis zuletzt gegen das Vergessen, sprach an Schulen und auf Veranstaltungen. Dabei zeigte sie sich besorgt über den zunehmenden Antisemitismus. "Ich bin nicht überrascht. Nur enttäuscht und traurig", sagte Friedländer 2023. Im selben Jahr gründete sie die Margot Friedländer Stiftung, die ihr Vermächtnis bewahren soll.

Friedrich Merz drapiert einen Kranz.

Friedrich Merz drapiert einen Kranz.

(Foto: picture alliance/dpa/dpa Pool)

Das Bundesland Berlin hatte anlässlich der Beisetzung Trauerbeflaggung an öffentlichen Gebäuden angeordnet. Im Roten Rathaus in der Hauptstadt liegt seit Dienstag ein Kondolenzbuch aus, in das sich unter anderem Wegner eingetragen hatte. Der Bundestag gedachte am Mittwoch der Verstorbenen mit einer Schweigeminute.

Quelle: ntv.de, mpa/dpa/AFP

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