Amnestie zu Weihnachten Mehr als 1000 Häftlinge kommen vorzeitig frei
15.12.2022, 10:15 Uhr
Die Freilassung noch vor den Feiertagen soll den Häftlingen helfen, sich in Freiheit zurechtzufinden.
(Foto: dpa)
Es gehört zur deutschen Justiztradition, kurz vor Weihnachten Gnade walten zu lassen. Für Häftlinge, die sich gut benehmen und ohnehin nur noch kurze Zeit im Gefängnis sitzen müssten, gibt es eine Weihnachtsamnestie. Mit 1056 solcher Freilassungen übersteigt die Zahl jene von 2021 deutlich. Nur ein Bundesland bleibt traditionell hart.
Mehr als 1000 Häftlinge in Deutschland sind zu Weihnachten vorzeitig in die Freiheit geschickt worden. Dies ergab eine Umfrage unter den Justizministerien der Länder. Die größte Zahl an Freigelassenen entfällt dabei auf das bevölkerungsreichste Bundesland Nordrhein-Westfalen, hier kamen 291 Häftlinge frei. Die insgesamt mindestens 1056 vorzeitig Freigelassenen in diesem Jahr bedeuten einen deutlichen Anstieg gegenüber dem Jahr 2021, als die Bundesländer nur etwas mehr als 800 Straftäter vorzeitig nach Hause ließen.
Die Weihnachtsamnestie soll Häftlingen, die ohnehin rund um den Jahreswechsel entlassen würden, ein schönes Fest bescheren. Allerdings gibt es auch Gefangene, die eine vorzeitige Entlassung ablehnen und Weihnachten lieber im Gefängnis verbringen. Meist kommen Häftlinge bei der Weihnachtsamnestie nur Tage oder wenige Wochen vor der eigentlich geplanten Entlassung frei. Die Voraussetzungen für ein früheres Haftende sind streng: Nur die Häftlinge kommen infrage, die im Gefängnis nicht negativ aufgefallen sind und keine langjährige Haftstrafe verbüßen mussten.
In Baden-Württemberg öffneten sich die Tore für etwa 200 Häftlinge vorzeitig. Die Amnestie "nützt den Inhaftierten, deren Haftstrafe in den letzten Wochen des Jahres enden würde", sagte Justizministerin Marion Gentges von der CDU. "Die Menschen sollen nicht ausgerechnet dann auf der Straße stehen, wenn in den Beratungsstellen und Sozialämtern zwischen den Jahren niemand zu erreichen ist."
Bayern beteiligt sich nicht
Ähnliche Argumente nennt Berlin, wo mehr als 160 Straftäter vorzeitig freikamen. "In der Vergangenheit hat sich gezeigt, dass in der Weihnachtszeit und zum Jahreswechsel die Suche nach Wohnungen und Arbeitsplätzen besonders schwierig ist, deshalb beginnt das Land Berlin mit der Gewährung der Gnadenerweise bereits Ende Oktober", sagte Justizsenatorin Lena Kreck von den Linken. Nach Angaben eines Justizsprechers saß ein Großteil der vorzeitig entlassenen Berliner Straftäter wegen Diebstahls oder Körperverletzung im Gefängnis. In anderen Fällen ging es um ein Erschleichen von Leistungen, meist handelt es sich dabei um Schwarzfahren.
Die Erwartung der Politik an die Weihnachtsamnestie bringt Jacqueline Bernhardt von der Linkspartei, Justizministerin in Mecklenburg-Vorpommern, so auf den Punkt: "Grundsätzlich sehen wir bei den Gefangenen, die von der Weihnachtsbegnadigung profitieren, eine wirklich gute Chance, dass sie den Weg in die Freiheit im Kreise der Familie für einen neuen Lebensabschnitt ohne weitere Straftaten nutzen." In Thüringen betonte das Justizministerium, die bislang sieben Freilassungen seien keine "Weihnachtsamnestie", vielmehr sei die Grundlage ein Erlass über "Gnadenerweise aus Anlass des Weihnachtsfestes".
Bayern beteiligt sich wie in den Vorjahren nicht an der sogenannten Weihnachtsamnestie. "Eine rechtskräftige Strafe im Gnadenwege zu ändern, muss daher absoluten Ausnahmefällen vorbehalten sein und darf nicht von Zufälligkeiten des Kalenders abhängen", so das Justizministerium des Freistaats.
Quelle: ntv.de, jog/dpa