Deutscher Cold-Case in Sydney Ermittler pochen im Fall Simone Strobel auf neue Beweise
22.11.2024, 08:52 Uhr Artikel anhören
Die 25-jährige Strobel war 2005 von einem Campingplatz verschwunden. Tage später fand die Polizei ihre Leiche.
(Foto: New South Wales Police Force)
2005 wird die 25-jährige Simone Strobel auf einer Reise in Australien getötet. Seit fast 20 Jahren ermittelt die australische Polizei in dem Fall voller Wendungen gegen ihre drei deutschen Begleiter. In Sydney werden nun neue Beweise geprüft. Deutsche Ermittler beklagen die mangelnde Kooperation.
Nach einer neuen fünftägigen Anhörung in Australien im Cold Case Simone Strobel pochen die Würzburger Ermittler darauf, dass ihre australischen Kollegen endlich ihre Erkenntnisse mit ihnen teilen. "Möglicherweise schlägt es auch auf unser Ermittlungsverfahren durch", sagte Oberstaatsanwalt Thorsten Seebach. "Wir werden ein neues Rechtshilfeersuchen auf den Weg bringen, um den aktuellen Ermittlungsstand in Erfahrung zu bringen."
Bisher hätten die Australier nicht auf ein erstes Ersuchen aus Würzburg im Jahr 2022 reagiert. Mehrfach habe die Staatsanwaltschaft die fehlenden Antworten aus Australien angemahnt, "aber es kam auch da keine Reaktion", sagte Seebach. Berichten zufolge hatten die australischen Ermittler in der Anhörung im Lidcombe Coroner's Court in Sydney Beweise geprüft, die bei den damaligen Ermittlungen noch nicht verfügbar gewesen waren. Dabei soll es sich auch um DNA-Untersuchungen ihres Ex-Freundes und zwei deutschen Verdächtigen handeln.
Schwester erzählt von Trauer und Verzweiflung
Vor dem Gerichtssaal hatte sich nach den Anhörungen auch Strobels Schwester unter Tränen geäußert. Der Mord habe das Leben der Familie für immer "auf radikalste Weise" verändert, zitierte der australische Sender ABC Christina Strobel, die zusammen mit ihrem Bruder Alexander angereist war. "Meine Eltern … wurden zu bloßen Schatten ihrer selbst und versanken immer tiefer in Verzweiflung."
Dabei hatte sie auch von der engen Bindung erzählt, die sie zu ihrer Schwester gehabt habe. "Diese Einsamkeit wird nie aufhören", betonte sie und fügte hinzu, sie wisse jetzt, dass "das Undenkbare, das Schlimmste, was passieren kann, über Nacht Wirklichkeit werden kann."
Auf Backpacker-Tour getötet
Die damals 25-jährige Backpackerin aus dem Landkreis Würzburg war Anfang 2005 mit ihrem 24-jährigen Freund mit einem Wohnmobil in Australien unterwegs. Einige Zeit später kam ein weiteres Paar aus Deutschland dazu. Die vier waren auf einem Campingplatz in Lismore im Nordosten des Bundesstaates New South Wales, als Strobel plötzlich verschwand. Zuvor soll es Streit gegeben haben.
Wenige Tage später wurde ihre nackte Leiche in der Nähe des Campingplatzes unter Palmwedeln versteckt gefunden. Schnell war klar, dass die Erzieherin Opfer eines Verbrechens geworden war. Schon kurze Zeit nach der Tat gab es erstmals Ermittlungen gegen Strobels Freund. Ihm wurde vorgeworfen, bei seinen Vernehmungen in Deutschland und in Australien gezielt falsche Angaben gemacht zu haben.
Eine überraschende Wendung kam im Juli 2022, als der inzwischen 42-jährige, in Australien lebende Familienvater erneut festgenommen und des Mordes an Strobel beschuldigt worden war. Da die Beweise dennoch nicht ausreichten, wurde die Anklage im Juni 2023 wieder fallen gelassen.
Zwei Verdächtige leben in Bayern
Die Staatsanwaltschaft Würzburg hatte bereits 2022 ein Rechtshilfeersuchen bei den australischen Behörden gestellt. So hatten die Australier etwa Haftbefehle gegen die anderen beiden Mitreisenden, einen Mann und eine Frau, von Strobel und ihrem Freund erlassen. Sie lebten 2022 nach Behördenangaben in Bayern. Nach Medienberichten war ihnen Beihilfe zum Mord und Justizbehinderung vorgeworfen worden.
Ausgeliefert wurden die beiden aber nicht, für ein mögliches Strafverfahren wären deutsche Behörden zuständig. Das Verfahren gegen den Mann wurde eingestellt, das gegen die Frau ruht, erklärte Oberstaatsanwalt Seebach.
Der seit 2012 für die Ermittlungen in Australien zuständige Beamte sagte bei der neuen Anhörung, dass es trotz fehlender Beweise "wahrscheinlich" sei, dass Strobel damals von ihrem Freund in einem Wohnmobil getötet worden sei. Zugleich räumte der Beamte ein, dass es der Polizei trotz mehrerer verdeckter Einsätze nicht gelungen sei, den Ex-Freund zu einem Geständnis zu bringen und es auch möglich sei, dass der Täter aus der Gegend von Lismore stammt.
Quelle: ntv.de, gri/dpa