Glasflügelzikade bedroht Anbau Notfallzulassung: Bundesamt gibt Pflanzenschutzmittel frei
03.04.2025, 18:29 Uhr Artikel anhören
In Norddeutschland wurden bisher nur wenige Exemplare entdeckt, im Süden macht sie aber bereits enorme Probleme: die Grasflügelzikade.
(Foto: picture alliance / blickwinkel/G. Kunz)
Krankheitserreger bedrohen den Zuckerrübenanbau in Deutschland. Übertragen werden sie von der Glasflügelzikade, die sich hierzulande immer schneller ausbreitet. Das soll ein Ende haben, entscheidet das Verbraucherschutzministerium - und gibt Pflanzenschutzmittel zur Bekämpfung frei.
Sie übertragen Krankheitserreger und gefährden die Ernte: Zur Bekämpfung der Schilf-Glasflügelzikade im Zuckerrübenanbau sind per Notfallzulassung mehrere Pflanzenschutzmittel zugelassen worden. Es handele sich um reguläre, zugelassene Produkte, deren Anwendungsgebiete für einen Zeitraum von 120 Tagen ausgeweitet wurden, wie das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) mitteilte.
In einigen Regionen Deutschlands tritt nach Angaben der Behörde ein neuartiger Krankheitskomplex auf. Zwei Krankheiten werden demnach durch Bakterien ausgelöst. Die Erreger werden von der sich rasch ausbreitenden Glasflügelzikade in der Zuckerrübe und weiteren Kulturen übertragen, hieß es aus dem Bundesamt mit Sitz im niedersächsischen Braunschweig.
Krankheitserreger lassen sich kaum bekämpfen
Die Erreger ließen sich nicht direkt bekämpfen und es gebe im Zuckerrübenanbau zur Bekämpfung der Zikade als Überträger aktuell keine regulär zugelassenen Pflanzenschutzmittel, begründete das Amt die Entscheidung. Das Insekt sei mobil und könne weite Wege fliegen, sagte Thomas Schneider, Abteilungsleiter für Pflanzenschutzmittel beim BVL. Die Zikade schädige die Pflanze, sodass sie nicht mehr für die Verarbeitung zur Verfügung stehe, sagte Schneider.
Laut Bundeslandwirtschaftsministerium waren 2023 rund 60.000 Hektar Zuckerrüben durch Krankheiten geschädigt, die durch Glasflügelzikaden übertragen werden. Das entsprach knapp 17 Prozent der gesamten Anbaufläche von Zuckerrüben. Auch Kartoffeln, Karotten und Rote Beete waren von den Krankheiten betroffen.
Anbauverbände aus mehreren Bundesländern hatten angesichts der Lage unter anderem die Zulassung von Pflanzenschutzmitteln gefordert. Das Landvolk Niedersachsen hatte im vergangenen November gewarnt. Der Anbau sei durch die Zikade existenziell bedroht. In Süddeutschland kam es bereits zu teils massiven Ertragseinbußen. Auch der Deutsche Bauernverband fordert die Zulassung von Insektiziden und Saatgutbehandlung.
"Besorgniserregende Befallssituation"
Das Bundesamt betonte, dass die Notfallzulassung nur ein Baustein zur Bekämpfung der Zikade als Überträger der Krankheitserreger sei. Die Mittel dürften nur nach einem amtlichen Warndienstaufruf der zuständigen Behörden angewendet werden. Zum Schutz unter anderem von Anwendern, Arbeitern und Anwohnern ist die Nutzung an Auflagen wie Mindestabstände gekoppelt.
Während es aus Bundesländern wie Baden-Württemberg, Bayern und Rheinland-Pfalz schon Berichte über eine starke Ausbreitung des Insektes gab, lasse sich dies für Niedersachsen noch nicht feststellen, hieß es im März von der Landesregierung. Bei einem flächendeckenden Monitoring im vergangenen Jahr seien lediglich drei Einzeltiere in zwei Landkreisen gefunden worden.
Die Regierung machte aber auch klar: "Bei der Schilf-Glasflügelzikade und den von ihr übertragenen Krankheiten handelt es sich um eine besonders außergewöhnliche und sehr besorgniserregende Befallssituation." Eine Ausbreitung hätte massive wirtschaftliche Folgen, weil Niedersachsen die größte Anbauregion für Zuckerrüben sei.
Quelle: ntv.de, als/dpa