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Neue Verordnung gültig Obdachlose bekommen Bürgergeld ohne Adresse und Telefon

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Wer keine Kontaktmöglichkeiten hat, soll das Jobcenter täglich aufsuchen.

Wer keine Kontaktmöglichkeiten hat, soll das Jobcenter täglich aufsuchen.

(Foto: picture alliance/dpa)

Wer keine Postadresse hat, bekommt auch keine sozialen Leistungen vom Staat - so lautet jahrelang die Regel beim Jobcenter. Doch nach der Klage eines Obdachlosen ändert sich die Erreichbarkeitsverordnung - unter einer Bedingung gibt es jetzt trotzdem Bürgergeld.

Obdachlose müssen dem Jobcenter keine Postanschrift angeben können, um Bürgergeld zu erhalten. Das geht aus rechtlichen Hinweisen hervor, die das Bundessozialgericht (BSG) in Kassel zu einem geschlossenen gerichtlichen Vergleich gab. Wenn auch sonst keine - etwa telefonischen - Kontaktmöglichkeiten bestehen, reicht es danach auch bei heutiger Rechtslage aus, wenn der Obdachlose möglichst werktäglich beim Jobcenter nach Post fragt.

Im Streitfall wies das Jobcenter Stuttgart einen Obdachlosen darauf hin, dass er seine Post künftig nicht mehr direkt bei der Behörde abholen könne. Daher müsse er sich eine Postadresse einrichten. Die postalische Erreichbarkeit sei "Leistungsvoraussetzung". Die Klage des Obdachlosen blieb in den Vorinstanzen ohne Erfolg. Mit seiner hiergegen vom BSG zugelassenen Revision macht der Obdachlose geltend, die gesetzliche Anforderung der "Erreichbarkeit" beziehe sich nur auf den Aufenthalt in der Nähe des zuständigen Jobcenters, nicht auf die Post.

Das Jobcenter Stuttgart stützte sich daher überwiegend auf eine frühere Anordnung der Bundesagentur für Arbeit. Nach einer Zwischenberatung wiesen die Kasseler Richter darauf hin, dass nach ihrer Ansicht das Jobcenter keine Postanschrift verlangen konnte.

"Einmal pro Leistungsmonat persönlich"

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Zum 8. August wurde die Anordnung der Bundesagentur durch eine "Erreichbarkeitsverordnung" des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales ersetzt. Weil kein Interesse an einer Klärung der früheren Rechtslage bestand, schlossen die Beteiligten einen Vergleich. Danach zahlt das Jobcenter dem Obdachlosen für die Zeit von Mai 2020 bis August 2023 unter teilweiser Anrechnung von Einkünften aus einem Minijob 13.000 Euro nach.

Nach der neuen Erreichbarkeitsverordnung haben Wohnsitzlose Anspruch auf Bürgergeld, wenn sie ihr Jobcenter "einmal pro Leistungsmonat persönlich" aufsuchen. Dabei müssen sie aber "mitteilen, auf welchem Weg eine Kontaktaufnahme möglich ist".

Aus den rechtlichen Hinweisen des BSG zu dem Altfall ergibt sich, dass heute auch Wohnsitzlose ohne eine solche Kontaktmöglichkeit Anspruch auf Bürgergeld haben, wenn sie das Jobcenter werktäglich aufsuchen. Ob die Behörde tatsächlich einen täglichen Besuch verlangen kann, wird allerdings wohl erst in künftigen Verfahren entschieden.

Quelle: ntv.de, can/AFP

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