Reißleine gezogenRBB-Intendantin Schlesinger tritt als ARD-Vorsitzende zurück

Am Ende war der Druck zu groß. Die wegen möglicher Interessenkollisionen in der Kritik stehende Intendantin des Rundfunks Berlin-Brandenburg, Schlesinger, legt ihr Amt als ARD-Vorsitzende nieder. Für ihre Nachfolge gibt es bereits einen Plan. Dem Regionalsender indes will sie weiter vorstehen.
Angesichts zahlreicher Vorwürfe tritt die Intendantin des Rundfunks Berlin-Brandenburg (RBB), Patricia Schlesinger, mit sofortiger Wirkung von ihrem Amt als ARD-Vorsitzende zurück. "Die öffentliche Diskussion um in meinen Verantwortungsbereich fallende Entscheidungen und Abläufe im rbb berührt inzwischen auch die Belange der ARD", zitiert sie der RBB. "Die Geschäftsleitung des RBB und ich sehen unsere Hauptaufgabe jetzt darin, zur Aufklärung dieser Vorwürfe beizutragen und unser Hauptaugenmerk auf den RBB zu richten. Deshalb geben wir den Vorsitz innerhalb der ARD jetzt ab und danken den anderen Sendern für ihre Bereitschaft, uns diesen Schritt zu ermöglichen."
Wie es weiter hieß, wird der Westdeutschen Rundfunk (WDR) mit Intendant Tom Buhrow die Aufgaben übernehmen. Im September soll der der ARD-Hauptversammlung in Bremen ein neuer Vorsitz bestimmt werden. Dieser übernimmt die Geschäfte ab 1. Januar. Den Angaben zufolge hat sich Südwestrundfunk seine Interesse erklärt. Somit könnte dann der frühere ARD-aktuell-Chefredakteur ("Tagesschau" und "Tagesthemen") Kai Gniffke den Senderverbund führen.
Schlesinger sieht sich seit Wochen unterschiedlichen Vorwürfen ausgesetzt. Im Kern geht es um die Frage, ob die Senderchefin und der Senderchefkontrolleur miteinander einen zu laxen Umgang bei der möglichen Kollision von Interessen gepflegt haben könnten.
Dabei spielen Beraterverträge für ein RBB-Bauprojekt und Aufträge für Schlesingers Ehemann bei der Messe Berlin eine Rolle. Der RBB-Verwaltungsratsvorsitzende Wolf-Dieter Wolf ist zugleich Chefaufseher der landeseigenen Messe. Beide wiesen die Vorwürfe zurück. In den Häusern laufen Untersuchungen. Wolfs RBB-Amt ruht in der Zeit und das Bauprojekt liegt auf Eis.
Dienstwagen, Gehalt, Abendessen
Schlesinger zog auch wegen einer Gehaltserhöhung um 16 Prozent auf 303.000 Euro und zuletzt wegen Vorwürfen der intransparenten Beschaffung und Nutzung ihres Dienstwagens Kritik auf sich. Unmut gab es auch wegen dienstlicher Abendessen, die Schlesinger in ihrer Funktion als RBB-Intendantin in ihrer Berliner Privatwohnung veranstaltete.
Schlesinger war seit Jahresanfang die Vorsitzende der öffentlich-rechtlichen ARD-Gemeinschaft und vertrat diese als wichtigste Repräsentantin nach außen. Der RBB hatte zum ersten Mal in der Geschichte der ARD den Vorsitz inne. In der Regel ist es so, dass der Vorsitz zunächst ein Jahr dauert und die Intendanten sich in der zweiten Jahreshälfte darauf einigen, dass die Amtszeit um ein weiteres Jahr auf insgesamt zwei Jahre verlängert wird. Die Wiederwahl Schlesingers stand noch aus. Die RBB-Intendantin hatte den Vorsitz von WDR-Intendant Buhrow übernommen. Er war gemäß der Regel in Schlesingers Amtszeit ihr Stellvertreter.
Die 61-Jährige ist seit 2016 Intendantin des RBB, der im ARD-Senderverbund einer der kleineren Anstalten ist. Ihre zweite Amtszeit begann im vergangenen Jahr und dauert fünf Jahre bis 2026. Am Donnerstag wurde nichts zu ihrer Position als RBB-Intendantin mitgeteilt. Schlesinger hatte unlängst in Interviews deutlich gemacht, dass sie ihr Amt während der Untersuchung der Vorwürfe weiter ausüben werde. Zugleich hatte sie sich offen dafür gezeigt, noch einmal mit dem RBB-Verwaltungsrat über die umstrittene Erhöhung ihres Gehalts zu sprechen.