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Hochwasser- und Erdrutschgefahr "Radha" öffnet die Schleusen - Wetterlage wie beim Jahrhundert-Regen

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Sie gehört zu den regenreichsten Situationen in unserer Wetterküche - die Vb-Wetterlage. In den kommenden Stunden drohen vor allem im Süden des Landes ergiebige Niederschläge mit bis zu 200 Liter pro Quadratmeter am Wochenende. Erst mit der neuen Woche zeichnet sich eine Beruhigung ab. Wie es dann allerdings konkret weitergeht, ist noch offen, wie ntv-Meteorologe Björn Alexander sagt.

Eine teilweise gefährliche Wetterlage entwickelt sich - wie sind die Details?

Norditalien-Tief "Radha" setzt jetzt zum Sprung über die Alpen an und zieht anschließend weiter nordostwärts. Eine sogenannte Vb-Wetterlage (V aus dem Lateinischen, also gesprochen 5b), die zu den regenreichsten Situationen in unserer Wetterküche gehört und die vor allem den Süden und den Südosten unseres Landes betrifft. Prominentestes Beispiel ist sicherlich der Jahrhundert-Regen aus dem August 2002, als auch die größte Niederschlagsmenge seit Beginn der Wetteraufzeichnungen in Deutschland registriert wurde.

Was kam da vom Himmel?

Es handelt sich tatsächlich um die größte 24-stündige Niederschlagsmenge seit Beginn der Wetteraufzeichnungen in Deutschland. Vom 12. auf den 13. August 2002 fielen binnen 24 Stunden in Zinnwald-Georgenfeld im Erzgebirge 312 Liter pro Quadratmeter. Es war eine extreme Unwetterlage, die mit katastrophalen Auswirkungen einherging. Insbesondere deshalb, weil die Wassermassen aus den Bergen mit brachialer Gewalt talwärts rasten.

Mit welchen Regenmengen müssen wir jetzt rechnen?

Regenmengen jenseits der 300 Liter sind - nach jetzigem Stand und mit Blick auf die Wettercomputer - nicht zu erwarten. Dennoch drohen in den Extremwetter-Schwerpunkten extreme Wassermassen. In Summe können bis Sonntagabend im östlichen Baden-Württemberg sowie im westlichen Bayern zwischen 100 und 150 Liter, bis Montagabend stellenweise sogar bis zu 200 Liter Regen pro Quadratmeter fallen. Das dürfte im Laufe des Wochenendes dann auch zur Hochwassergefahr an größeren Flüssen führen. Beispielsweise am Neckar und zunehmend auch an der Donau. Auch Erdrutsche sowie Überschwemmungen sowie überflutete Wiesen gehören zum Auswirkungspotenzial des intensiven Stark- und Dauerregens.

Wie sieht es im Osten unseres Landes aus?

Im südlichen Ostdeutschland sind die Regenmengen von einem Teil der Wettercomputer geringer berechnet worden als in den vergangenen Tagen. Derzeit ist für das Unwetterereignis im Bereich Sachsen, Thüringen und südliches Sachsen-Anhalt sowie Brandenburg von Niederschlagssummen von 30 bis 70 Liter je Quadratmeter bis einschließlich Montag auszugehen. Eine Entwarnung ist das jedoch nicht.

Warum nicht?

Schlussendlich können im gewittrig durchsetzten Regen auch größere Regenmassen binnen kurzer Zeit nicht ausgeschlossen werden. Insbesondere in der Nähe zu Bergen drohen in diesen Sturzfluten und es empfiehlt sich - neben den amtlichen Warnungen - auch immer das Radar im Auge zu behalten.

Und das am letzten Tag des meteorologischen Frühlings. Wie fällt die Bilanz für den Wonnemonat und den Lenz aus?

Im Vergleich zu den letzten drei Jahrzehnten verlief der Mai gut 2 Grad zu warm, durchschnittlich sonnig und viel zu nass. Im Deutschlandmittel landen wir am Ende des Tages sicherlich bei um die 120 Liter pro Quadratmeter, was auch den gesamten Frühling regentechnisch nochmal richtig pusht. Damit landen wir im Frühjahr im Schnitt bei rund 230 Litern pro Quadratmeter.

Was wäre normal?

Um die 170 Liter. Bezogen auf die letzten drei Jahrzehnte war es übrigens erst der dritte deutlich zu nasse Frühling. Letztmalig war das im Jahr 2013 der Fall. Davor im Jahr 2006 - für Fussballfreunde unter uns folgte danach natürlich ein ganz besonderer Sommer beziehungsweise das Sommermärchen.

Welch ein Vorzeichen! Können wir nach dieser Vorlage einen ähnlichen Sommerverlauf passend zur EM im eigenen Land erwarten?

Der Sommer 2006 zeichnete sich insbesondere durch einen rekordheißen Juli mit einem Temperaturüberschuss von gut 5 Grad und durch einen viel zu kalten und zu nassen August aus. Beide Extreme werden von der aktuellen experimentellen Langfrist so nicht abgebildet. Sondern eher im Gegenteil. Demnach könnte eher der Juli nasser als der August verlaufen. Auch bei den Temperaturen hat aktuell der August die Nase vorn.

Wie sind die Trends für den ersten Sommermonat Juni?

Beim Regen liegen die Bewertungen derzeit zwischen durchschnittlich bis viel zu nass. Ein durchaus plausibler Ansatz, wenn wir auf das Regendebakel zum Monatsanfang schauen. Damit ist der Grundstein nämlich auf jeden Fall schon mal gelegt. Bei den Temperaturen liegen die Prognosen über dem Durchschnitt. Und auch das ist in Anbetracht des Klimawandels glaubwürdig. Denn vergleichsweise kalte Monatsverläufe kommen zwar vor, sind aber selten.

Womit können wir denn am ersten Juni-Wochenende rechnen?

In weiten Teilen Baden-Württembergs und Bayerns fällt aus dichten Wolken weiterhin Regen. In einem Streifen von Nordbayern bis nach Sachsen und ins südliche Brandenburg sind auch teils kräftige Gewitter mit Gefahr von Starkregen, Hagel und Sturmböen dabei. An kleineren Flüssen und Bächen besteht Hochwassergefahr, stellenweise sind überschwemmte Wiesen und Felder sowie Hangrutsche und Murenabgänge möglich. Weniger trüb sieht es indes in der Nordhälfte, wo sich Sonne und gewittrige Regenschauer abwechseln. Hier steigen die Temperaturen auf frühsommerliche 21 bis 26 Grad. Im Dauerregen werden es hingegen nur 12 bis 15 Grad.

Und am Sonntag?

Folgen im Süden und Osten weitere, teils gewittrige Regengüsse. Gebietsweise regnet es auch länger anhaltend und ergiebig. Im Nordwesten wird es dagegen deutlich ruhiger und zeitweise sonnig. Das Ganze bei Höchstwerten von 16 Grad im Regen und bis zu 24 Grad mit Sonne.

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Was bringt uns die nächste Woche?

Am Montag zieht sich der Dauerregen immer mehr in den Südosten Bayerns zurück. Sonst wird es zeitweise sonnig. Einzig im äußersten Nordwesten ziehen wieder mehr Wolken mit zeitweise etwas Regen durch. Ab Dienstag wird es dann aber deutlich ruhiger. Ob sich aber dann mal trockenes Hochdruckwetter durchsetzen kann, ist leider nach wie vor fraglich.

Quelle: ntv.de

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