Fünftes Todesopfer entdeckt Retter suchen nach Zugunglück weiter Vermisste
04.06.2022, 11:02 Uhr
Die Ursache des schweren Zugunglücks in Bayern ist weiter unklar. Immerhin sinkt die Zahl der Vermissten, Todesopfer können endlich geborgen werden. Doch die Bergungsarbeiten gestalten sich schwierig. Weitere Opfer unter den Waggons sind nicht auszuschließen.
Einen Tag nach dem Zugunglück in Garmisch-Partenkirchen ist nach Polizeiangaben eine weitere Leiche geborgen worden. Die Zahl der Toten erhöhte sich damit auf fünf. Nach "Bild"-Informationen soll es sich um einen vermissten Schüler handeln. Die Bergung der Toten war äußerst schwierig, weil zunächst einer der umgestürzten und verkeilten Waggons hatte angehoben werden müssen. Erste Versuche, die Waggons anzuheben, waren gescheitert.
Noch immer suchen die Einsatzkräfte nach Vermissten und kämpfen mit den Tücken einer schwierigen Bergung. Die Polizei sprach am Morgen von einer einstelligen Zahl Vermisster, Bayerns Innenministers Joachim Herrmann am Vormittag von "etwa sieben Menschen". Laut Polizei ist auch nicht auszuschließen, dass sich unter den umgekippten Waggons noch weitere Opfer befinden. Drei der vier bisher bestätigten Toten konnten den Angaben zufolge inzwischen geborgen werden, ein weiteres Opfer war am Freitag auf dem Weg ins Krankenhaus gestorben. Bei den Todesopfern handle es sich um erwachsene Frauen, sagte Hermann im Bayerischen Rundfunk.
Markus Söder sagte am Vormittag am Unfallort: "Wir beten und hoffen sehr, dass wir unter den Waggons keine weiteren Toten finden." Das sei "das Wichtigste". Er rief Betroffene des Unglücks und Angehörige auf, sich schnell bei der Polizei zu melden. Die Rettungskräfte gehen von 40 Verletzten und drei Schwerverletzten aus. Das sagte ein Polizeisprecher an der Unfallstelle. Am Vortag war noch von etwa 15 Schwerverletzten die Rede gewesen.
Die Bergungsarbeiten gestalteten sich schwierig. Zwei Versuche, die Waggons anzuheben, scheiterten. Dabei seien auch Hebekissen zum Einsatz gekommen. Die Waggons seien "verdreht und verwunden", sagte der Polizeisprecher. "Das macht die Bergung so schwierig." Helfen sollte ein schwerer Bergekran, der bis zu 120 Tonnen heben kann und am Vormittag an der Unfallstelle erwartet wurde. "Man muss Schritt für Schritt vorgehen", sagte der Sprecher.
Zur Unfallursache gibt es noch keine neuen Erkenntnisse. Der Zugführer wurde nach Polizeiangaben zwar vernommen. Was er gesagt hat, teilte die Polizei allerdings nicht mit. Sicher sei bislang nur, dass ein Zusammenstoß mit einem anderen Fahrzeug ausgeschlossen werden könne. "Wir ermitteln in alle Richtungen", sagte der Sprecher.
Kinder unter den Verletzten
Bayerns Verkehrsminister Christian Bernreiter hatte dem Bayerischen Rundfunk am Abend gesagt, er vermute eine technische Ursache. Die Strecke war nach Angaben eines Bahnsprechers mit elektronischen Stellwerken und moderner Sicherungstechnik ausgerüstet. Am Freitagmittag waren mehrere Waggons der Regionalbahn auf dem Weg nach München im Ortsteil Burgrain entgleist. Mehrere Doppelstock-Wagen des Zugs kippten um, rutschten eine Böschung hinab und blieben direkt neben einer Bundesstraße liegen.
Von den etwa 140 Menschen im Zug starben mindestens vier, unter der Verletzten waren auch Kinder. Einige Opfer erlitten schwerste Verletzungen und mussten notoperiert werden. Es war eines der schwersten Bahnunglücke der vergangenen Jahre in Deutschland. Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier reagierte "mit großer Bestürzung": "Meine Gedanken sind bei den Verletzten und allen Angehörigen in diesen schweren Stunden", sagte er laut einer Mitteilung. "Allen Polizei- und Rettungskräften danke ich für ihren unermüdlichen und wichtigen Einsatz."
Das Landratsamt in Garmisch-Partenkirchen kündigte an, dass bis zum Ende der Bergungsarbeiten voraussichtlich Mitte nächster Woche auch der Autoverkehr in der Region von Behinderungen betroffen sein werde. So soll weiterhin der Verkehr von der Autobahn 95 großräumig umgeleitet werden, die Fernstraße bleibt in Richtung Süden gesperrt.
Quelle: ntv.de, chl/dpa/AFP