"Sancta"-Aufführung zu drastisch Sanitäter müssen 18 Menschen in Stuttgarter Oper betreuen
09.10.2024, 19:34 Uhr Artikel anhören
Die Warnungen sind unübersehbar und zahlreich. Dennoch haben sich etliche Besucher einer Opernperformance in Stuttgart übernommen. Sex, Gewalt, Blut sowie drastische Ton- und Lichteffekte sorgen für Sanitäter-Einsätze. Die Premiere war nach Angaben des Hauses dennoch umjubelt.
Trotz einer Altersfreigabe ab 18 Jahren und fettgedruckten Warnhinweisen hinterlässt eine aktuelle freizügige und blutige Opernperformance in Stuttgart ihre Spuren bei zarter besaiteten Besucherinnen und Besuchern. Rund um die ersten beiden Vorstellungen von Florentina Holzingers "Sancta" habe sich der Besucherservice um insgesamt 18 Menschen gekümmert, die zum Teil über Übelkeit geklagt hätten, sagte der Sprecher der Staatsoper, Sebastian Ebling. In drei Fällen habe ein Arzt dazu geholt werden müssen.
Mit ihren Arbeiten, bei denen sie radikal und freizügig weibliche Körper in Szene setzt, schmerzhafte Stunts einbaut und auch vor Trash nicht zurückschreckt, sorgt Holzinger seit Jahren für Aufsehen in der Theaterwelt. In "Sancta" bringt sie mit aufreizender Deutlichkeit lesbische Liebesszenen auf die Bühne, zieht christliche Rituale ins Lächerliche und prangert die sexuelle Unterdrückung der Frau an.
Spiritualität, Sexualität, aber auch Religionskritik und ein kritischer Blick auf religiöse und gesellschaftliche Gewalt ständen im Mittelpunkt der Aufführungen, informiert auch die Staatsoper. "Grenzen auszuloten und lustvoll zu überschreiten war von jeher eine zentrale Aufgabe der Kunst", zitiert die Oper ihren Intendanten Viktor Schoner.
Noch fünf Aufführungen geplant
Das Haus warnt auf seiner Homepage aber auch ausdrücklich, die Aufführung der skandalumwitterten österreichischen Aktionskünstlerin zeige explizite sexuelle Handlungen sowie Darstellungen und Beschreibungen von sexueller Gewalt. Auch seien echtes Blut sowie Kunstblut, Piercingvorgänge und eine Verwundung zu sehen. Stroboskopeffekte, Lautstärke und Weihrauch würden ebenfalls eingesetzt.
Die Oper empfiehlt die Performance Zuschauern, die "wagemutig auf der Suche nach neuen Theatererfahrungen sind", wie es auf der Homepage heißt. Allerdings sei Performancekunst neben dem Einsatz einiger Theatermittel eben "kein Fake, sondern echt", sagte Ebling. Im Fall der in "Sancta" gezeigten, auch sexuellen Gewalt warnt das Haus daher auch explizit vor Retraumatisierungen.
Nach Angaben von Opernsprecher Ebling soll mit Blick auf die noch geplanten fünf "Sancta"-Abende nichts geändert werden. Auch kämen Übelkeit und Ohnmacht immer wieder vor, sagte er. Die Premiere sei umjubelt gewesen. Er sei überzeugt, es seien im Wesentlichen Menschen in den Besucherreihen gewesen, "die wussten, auf was sie sich einlassen".
Vor Stuttgart gastierte die Inszenierung in Schwerin. Von der dortigen Premiere Ende Mai sind keine Sani-Einsätze überliefert. Im November sind zwei Aufführungen an der Berliner Volksbühne geplant - sie sind ausverkauft. In Stuttgart hingegen gibt es noch Karten.
Quelle: ntv.de, jwu/dpa