Unglück in Tschechien Schnellzug kollidiert mit Güterzug - vier Tote
06.06.2024, 01:52 Uhr Artikel anhören
Ein voll besetzter Schnellzug ist auf dem Weg von Prag in die Slowakei, als er mit einem Güterzug zusammenstößt. Vier Menschen kommen ums Leben. Rettungskräfte kümmern sich um zahlreiche Verletzte.
Beim Zusammenstoß eines voll besetzten Personenzugs mit einem Güterzug im tschechischen Pardubice sind mehrere Menschen ums Leben gekommen. Innenminister Vit Rakusan sprach nach dem Unglück in der Nacht von 4 bestätigten Todesopfern und 23 Verletzten. 20 von ihnen seien leicht, drei mittelschwer verletzt. Derzeit finde ein Abgleich mit den Passagierlisten statt, sagte er im Fernsehen.
Zahlreiche Rettungskräfte wie Feuerwehrleute, Sanitäter und Ärzte sowie zwei Rettungshubschrauber eilten zum Unglücksort, der rund 100 Kilometer östlich von Prag liegt. Dort waren die Lokomotiven beider Züge aus noch ungeklärten Gründen frontal zusammengekracht. Unklar ist bislang, ob der Güterzug zum Zeitpunkt des Unfalls stand oder ebenfalls fuhr. Auf Bildern ist zu sehen, dass einer der Waggons des Personenzugs, der sich direkt hinter der Lokomotive befand, entgleist ist und schwer beschädigt wurde.
Verbindung bei Ukrainern beliebt
Der nächtliche Schnellzug des privaten Bahnunternehmens Regiojet war auf dem Weg von Prag ins ostslowakische Kosice gewesen und gerade eine Stunde unterwegs, als es zu dem Unglück kam. An Bord waren nach Angaben der Feuerwehr mehr als 300 Passagiere. Viele Ukrainer nutzen die Verbindung über die Slowakei weiter nach Tschop im äußersten Westen der Ukraine, um ihr Heimatland zu besuchen. Die unverletzten Fahrgäste wurden mit Bussen in Notunterkünfte gebracht. Neben Innenminister Rakusan begab sich auch Verkehrsminister Martin Kupka umgehend zur Unglücksstelle. Kupka sagte, es sei noch zu früh, sich zur mutmaßlichen Unglücksursache zu äußern. Die Ermittlungen liefen.
Nach Medienberichten hatte der Lokführer des Schnellzugs möglicherweise ein Haltesignal übersehen oder eine Weiche war falsch gestellt. "Ich habe mir noch gedacht, dass der Zug auf das falsche Gleis fährt, obwohl ein grünes Signal leuchtete", sagte ein Augenzeuge der Zeitung "Pravo". "Auf einmal gab es einen Knall und der Zug stand." Ein Passagier aus dem Zug, der selbst unverletzt blieb, berichtete danach: "Ich habe einen Aufprall gespürt und gehört, wie Glas zerspringt - gleich danach war Weinen zu hören." Der Zusammenstoß der beiden Züge war noch in einiger Entfernung zu vernehmen. "Die Kollision hat uns aufgeweckt, meine Frau dachte, dass in der Nachbarschaft ein Haus eingestürzt ist", sagte ein Anwohner dem Nachrichtenportal "iDnes.cz".
Mängel an Tschechiens Streckennetz bekannt
Der Güterzug hatte nach ersten Informationen die ätzende Chemikalie Calciumcarbid geladen, die ersten beiden Wagen waren aber aus Sicherheitsgründen leer. Zu dem Unglück kam es an der neuen Haltestelle Pardubice-Zentrum, die gerade erst im Mai fertiggestellt worden war. Regierungschef Petr Fiala drückte den Angehörigen der Toten auf X sein Beileid aus. "Die Kollision der beiden Züge in Pardubice ist ein großes Unglück", schrieb er. "Wir denken alle an die Opfer und Verletzten."
In Tschechien sind schwere Eisenbahnunfälle nicht selten. Im August 2021 stieß ein Expresszug auf der eingleisigen Strecke zwischen Pilsen (Plzen) und Furth im Wald frontal mit einem Personenzug zusammen - drei Menschen kamen ums Leben, darunter die beiden Lokführer. Im Juli 2020 starben zwei Menschen beim Frontalzusammenstoß zweier Züge auf der Strecke von Karlovy Vary (Karlsbad) nach Johanngeorgenstadt. Die Bahninfrastruktur in dem EU-Mitgliedstaat ist nach Ansicht von Experten stark überholungsbedürftig. Die Regierung hat beschlossen, das moderne europäische Zugsicherungssystem ETCS bis 2025 auf dem gesamten Streckennetz zu installieren. Es ist bereits auf rund 1100 Schienenkilometern verfügbar, bisher können es aber nur rund 700 Fahrzeuge nutzen, da eine Umrüstung erforderlich ist.
Quelle: ntv.de, ino/dpa