Panorama

Staeck-Retrospektive"Schöne Aussichten" in Berlin

28.05.2009, 16:22 Uhr

Die Berlinische Galerie zeigt "Schöne Aussichten" - eine Retrospektive mit den Arbeiten des Politkünstlers Klaus Staeck. "Manche Sachen sind aktueller als einem lieb sein kann, so der einst als "Neo-Stürmer" angeprangerte heutige Präsident der Akademie der Künste.

"Die Kunst findet nicht im Saale statt" lautet ein Credo des Politgrafikers Klaus Staeck, der mit seinen Plakaten dennoch schon so manche Saalschlacht ausgelöst hat und dabei auch mal als "Neo-"Stürmer" angeprangert wurde. "Der Stürmer" war ein rassistisches Hetzblatt der Nazis. Das musste sich der heute 71-jährige Präsident der Berliner Akademie der Künste bei dem legendären "Bonner Bildersturm" 1976 sagen lassen, als empörte Unionsabgeordnete mit dem späteren Bundestagspräsidenten Philipp Jenninger an der Spitze in der Parlamentarischen Gesellschaft Staeck-Plakate von den Wänden rissen. Es seien Politiker in einer Weise "verunglimpft worden, wie wir es seit 1945 in diesem Teil Deutschlands nicht mehr erlebt haben", hieß es damals im Unions-Pressedienst.

Jetzt ist dem "Faschisten, Kommunisten, Kinderverderber und Politpornografen" in der Berlinischen Galerie eine große Retrospektive gewidmet, die ab 29. Mai zu sehen ist. Seine künstlerischen Wurzeln sieht Staeck in der Dada-Bewegung der 20er Jahre und der späteren Fluxus-Kunst.

Demokratiebedarf für Leute

Er brauchte immer ein politisches Umfeld für seine Arbeiten. "Ich habe nie für eine Partei oder sonst wen gearbeitet, ich habe immer Demokratiebedarf geschaffen für Leute, die was tun wollten", betont das bekennende SPD-Mitglied, das in früheren Jahren von den Grünen kritisch beäugt wurde ("Klaus steckt mit der SPD unter einer Decke und unterstützt damit den Ausbau der Atomenergie und den Nachrüstungsbeschluss"). Ja, meint Staeck heute dazu, er sei auch von verschiedenen Seiten immer wieder ausgelacht worden, "die das Wort Sozialdemokrat als Makel ansehen, ein Makel, den ich aber gerne trage".

"Die 68er Protestbewegung hat mir insofern sehr genutzt, die brauchten damals Material und Bilder", meint Staeck. "Heute haben wir eher eine Zuschauerdemokratie. Und dennoch sind manche meiner Arbeiten aktueller denn je, das macht mich schon nachdenklich." Galeriechef Jörn Merkert drückt das so aus: "Die Wirklichkeit der Welt ist in einem erschreckenden Maße auf Klaus Staeck zugewachsen."

Ein Plakat aus früheren Jahren lautet beispielsweise "Die DDR ist tot - Es leben die Akten" und wird durch den erst jetzt bekannt gewordenen Stasi-Fall des Benno-Ohnesorg-Schützen Karl-Heinz Kurras aktuell. Und auf einem elf Jahre alten Plakat steht: "Wir machen mit Ihrem Geld, was wir wollen - German Bankers Club". Oder ein Plakat mit dem "blauen Planeten" Erde im All mahnt: "Die Mietsache ist schonend zu behandeln und in gutem Zustand zurückzugeben." Zu Staecks berühmtesten Werken gehören Plakate wie "Deutsche Arbeiter, die SPD will euch eure Villen im Tessin wegnehmen!" oder "Ein Volk, das solche Boxer, Fußballer, Rennfahrer und Tennisspieler hat, kann auf seine Universitäten ruhig verzichten".

BerlinDDRKarl-Heinz Kurras