Panorama

Robben und Bauarbeiter versöhnenSeebärflüsterer siedeln 11.000 Tiere um

17.11.2017, 18:59 Uhr
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Einige der Robben müssen einzeln weggetragen werden, um Bauarbeiten nach dem Erdbeben 2016 in Neuseeland nicht zu behindern. (Foto: imago/Westend61)

Nach einem schweren Erdbeben in Neuseeland 2016 behindert eine riesige Seebären-Kolonie den Wiederaufbau. Die massigen Meeressäuger wollen partout ihre Stammplätze nicht verlassen. Jetzt verausgabt sich ein ganzes Expertenteam bei der Umsiedlung.

Als im November vergangenen Jahres auf der Südinsel Neuseelands die Erde bebte, erschraken nicht nur die Menschen der Pazifiknation. Einige der mehr als 200 Erdrutsche, die der Erdstoß der Stärke 7,9 auslöst, trafen die größte Seebären-Kolonie auf dem Festland des Inselstaats. Im Quartier der zur Familie der Ohrenrobben gehörenden Tiere am Ohau Point nahe dem Ort Kaikoura kommen jedes Jahr rund 2000 Robbenjunge zur Welt.

Wie viele Tiere durch Felsen, Erde und Geröll ums Leben kamen oder verletzt wurden, lässt sich Neuseelands Naturschutzministerium zufolge nicht ermitteln. Die Experten glauben, dass die Kolonie vergleichsweise wenig Schaden nahm, weil das Erdbeben in eine frühe Phase der Paarungszeit fiel, in der nur wenige Robben an Land waren.

Doch nach den Erdrutschen kamen die Bauarbeiter: Die wichtige Küstenstraße entlang der Ostküste der Südinsel muss auf fast 500 Kilometern Länge freigeräumt und teilweise neu gebaut werden. Die Seebären aber verlassen für Bauarbeiter nur ungern ihren angestammten Platz. Und obwohl sie sehr kuschelig aussehen, können sie schlimme Bisse verursachen. Ein männlicher Seebär kann bis zu 2,5 Meter lang und 150 Kilo schwer werden.

Robbenretten ist anstrengend

Was es braucht, um beide Seiten zusammenzubringen? Einen "Robbenflüsterer" wie Simon Childerhouse. Der Meeresbiologe und sein Team von der Umweltberatungsfirma Blue Marine Planet haben großen Anteil daran, dass Robben wie Arbeiter während des Baus unbeschadet bleiben.

Seit Februar haben Childerhouse und seine Kollegen mehr als 11.000 Seebären von einem Platz zu einem anderen bewegt. "Die schiere Zahl der Robben hier hält uns auf Trab", sagt er. Die Tiere hätten einen hervorragenden Orientierungssinn. Oft kehrten sie auf direktem Weg an die Stelle zurück, von der sie gerade weggeschafft wurden.

Die zuverlässigste Methode, Robben in Bewegung zu bekommen, ist es demnach, langsam auf die Gruppe zuzulaufen und in die Hände zu klatschen. Doch auch dann gibt es Jungtiere, die sich, statt wegzurobben, lieber unter Steinen oder in Spalten verkriechen. Die Robbenretter müssen sie dann mühsam herausziehen und einzeln wegtragen. "Nach einem langen Tag fallen wir normalerweise förmlich ins Bett - während das Nachtteam aufsteht und dieselbe Arbeit die Nacht durch fortsetzt."

Quelle: Jule Scherer, dpa

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