Panorama

Schimmel, Mäuse, Keime  Team Wallraff zeigt Ekel-Zustände bei Kaufland

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In fast allen Märkten, die die Reporterinnen und Reporter unter die Lupe nahmen, gab es Probleme mit den Kühlsystemen.

In fast allen Märkten, die die Reporterinnen und Reporter unter die Lupe nahmen, gab es Probleme mit den Kühlsystemen.

(Foto: picture alliance / SvenSimon)

Über Monate hinweg untersuchen Team Wallraff und Stern die Hygienebedingungen in Kaufland-Filialen und finden alarmierende Zustände. Schimmel, angeschimmelter Käse und Mäusekot sind nur einige der Probleme bei einem der größten Lebensmittelhändler Deutschlands. 

Mit mehr als 770 Filialen in Deutschland ist Kaufland einer der führenden Anbieter im Lebensmitteleinzelhandel. Im Geschäftsjahr 2023/24 schaffte Kaufland, das ebenso wie Lidl zur Schwarz-Gruppe gehört, einen Umsatz von 34,2 Milliarden Euro - 7,8 Prozent mehr als im Jahr davor. Vermutlich kaufen jeden Tag etwa eine Million Menschen dort ein.

Recherchen von Team Wallraff und dem Stern decken nun jedoch Missstände in Dutzenden Märkten auf, die das Potenzial haben, die Gesundheit von Kunden und Mitarbeitenden zu gefährden. Über Monate hinweg fuhren Reporterinnen und Reporter quer durch Deutschland. Sie besuchten 50 Kaufland-Filialen in zwölf Bundesländern, in 48 Läden fanden sie teils schwere und schwerste Hygiene-Mängel vor. In einer Filiale lag angeschimmelter Käse in der Frischetheke, in einer anderen fanden sich in der Backabteilung Mäuse und ihr Kot, außerdem zugespielte Fotos, die angefressene Lebensmittel dokumentieren sollen. Die ganze Recherche sehen Sie bei RTL+.

Am häufigsten dokumentierten die Reporter Probleme mit Kühlsystemen, unter anderem defekte Kühltruhen, Wasserpfützen oder Aufnahmebänder für austretendes Wasser und immer wieder Schimmel. In 80 Prozent der 50 untersuchten Kaufland-Filialen fanden sie Schimmel an und in Kühlregalen. Lebensmittelkontrolleur Bernd Stumm wertet dies als Zeichen unzureichender Hygiene. "Schimmel braucht lange, bis man ihn sehen kann. Wenn ich meine Kühlung wöchentlich gründlich reinigen würde, dann hätten wir so etwas nicht", so Stumms Einschätzung.

Inzwischen hat sich auch das Ordnungsamt der Stadt Homburg eingeschaltet. Außerdem ist das saarländische Umweltministerium informiert. Ende vergangenen Jahres sei ein "massiver Schadnagerbefall" festgestellt worden, teilte es Anfang März auf Anfrage mit. Es laufe ein Ordnungswidrigkeitsverfahren.

Qualität und Schutz haben Priorität?

Man nehme die Hinweise aus den Recherchen ernst, sagte eine Sprecherin von Kaufland. Einige der von den Wallraff-Reportern beschriebenen Mängel entsprächen "definitiv nicht unseren Vorgaben". Die Qualität der Produkte und der Schutz der Kunden hätten für das Unternehmen "kompromisslose Priorität", da dulde man keine Abweichungen. Mitarbeiter würden hierzu regelmäßig geschult. Es gebe "definierte Prozesse zum korrekten Umgang mit Lebensmitteln, deren Einhaltung durch Kontrollsysteme dokumentiert überwacht werden".

Die bemängelten Kühlmöbel seien überwiegend noch Altgeräte, "die im Rahmen umfangreicher Investitionen nach und nach ausgetauscht werden". Beschlagene Scheiben sowie austretendes Kondenswasser hätten keine Auswirkungen auf die Funktion der Geräte, was täglich protokollierte Temperaturkontrollen in allen Filialen sicherstellten. "Ergänzend zu laufenden und anlassbezogenen Reinigungen lassen wir unsere Kühlmöbel zweimal im Jahr umfangreich warten."

Auch den "Schädlingsbefall" in der Homburger Filiale räumte die Sprecherin ein. Man sei in "enger Abstimmung mit der zuständigen Lebensmittelüberwachungsbehörde und Experten". Die Filiale in Homburg hatte Kaufland 2022 von einem Konkurrenten übernommen. Das Gebäude müsse eigentlich abgerissen und neu hochgezogen werden, vermutet ein Abteilungsleiter im Gespräch mit Team Wallraff und Stern. Laut Kaufland wurde ein Neubau geprüft, jedoch habe man den Kunden keine lange Schließung der Filiale zumuten wollen. Die Filiale werde man bald "baulich als auch technisch" auf einen aktuellen Stand bringen, voraussichtlich ab Mai.

Fäkalkeime auf Hühnerfleisch

In zehn Filialen in zehn verschiedenen Bundesländern haben Reporterinnen und Reporter im Oktober 2024 zudem Proben von unterschiedlichen Hühnerfleischprodukten genommen und sie von einem unabhängigen Labor untersuchen lassen. 15 der insgesamt 30 Proben waren mit Campylobactern verseucht. Dabei handelt es sich um Fäkalkeime, die teils schwere Durchfallerkrankungen auslösen können. Zudem wurden in 11 von 30 Proben antibiotikaresistente Erreger festgestellt. Ihr Verzehr birgt das Risiko, dass lebenswichtige Antibiotika beim Menschen nicht mehr wirken könnten.

Reinhild Benning, Agrarexpertin der Deutschen Umwelthilfe (DUH), nannte diese Ergebnisse "alarmierend". Die hohe Belastung des Fleisches sei "nicht zu tolerieren" und ein "Risiko für die menschliche Gesundheit". Vor allem die hohe Belastung des Kaufland-Fleisches mit antibiotikaresistenten Keimen hält Benning für gefährlich.

Die Kaufland-Sprecherin verweist darauf, dass in dem betreffenden Zeitraum mehrere Behörden in den Filialen routinemäßige Proben von Hähnchenfleisch genommen haben. "Bis zum heutigen Zeitpunkt wurde keine dieser Proben von den Behörden beanstandet." Außerdem lässt der Anwalt von Kaufland mitteilen, dass für die hygienische Unbedenklichkeit und Sicherheit der Lebensmittel der Lebensmittelunternehmer, also der auf der Verpackung genannte Hersteller, verantwortlich sei.

Quelle: ntv.de, sba

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