14 Jahre nach Todesfall US-Gerichtsmediziner korrigiert Fehleinschätzung - aus Suizid wird Mord
04.02.2025, 12:28 Uhr Artikel anhören
Am Tatort kam nicht einmal die Spurensicherung zum Einsatz.
(Foto: AP)
2011 wird Ellen Greenberg tot aufgefunden. Die Ermittler stufen ihren Tod als Selbstmord ein, doch ihre Eltern kämpfen seit Jahren dagegen. Nun gibt es neue Erkenntnisse und eine überraschende Wende im Fall.
Am 26. Januar 2011 wird Ellen Greenberg von ihrem Verlobten Sam Goldberg tot auf dem Küchenboden ihrer Wohnung in Philadelphia, im US-Bundesstaat Pennsylvania, gefunden. Ihr Körper weist 20 Messerstiche und zahlreiche Prellungen auf. In ihrer Brust steckt ein Messer. Die Behörden stufen den Tod der 27-jährigen Lehrerin als Selbstmord ein.
Seit 14 Jahren kämpfen Greenbergs Eltern gegen diese Einschätzung, nun haben sie Erfolg. Am vergangenen Freitag unterzeichnete der damals zuständige Gerichtsmediziner Dr. Marlon Osbourne ein Dokument, in dem er erklärte, dass er nach Prüfung neuer Informationen in dem Fall nicht mehr davon ausgeht, dass Greenberg Selbstmord begangen hat. Daraufhin einigte sich Greenbergs Familie mit der Stadt Philadelphia in einem Verfahren auf einen Vergleich. Die Eltern des Opfers hatten die Stadt auf Schadensersatz für die "Verschwörung zur Vertuschung von Ellens Mord" verklagt.
Sie hoffen nun auf eine erneute strafrechtliche Untersuchung des Todes ihrer Tochter. Der Fall war aus heutiger Sicht von Anfang an nicht so klar, wie die eindeutige Festlegung auf einen Suizid glauben machte. Greenbergs Verlobter hatte an jenem Tag um 18.30 Uhr den Notruf der Polizei gewählt. "Ich bin gerade in meine Wohnung gekommen", sagte er. "Meine Verlobte liegt auf dem Boden, überall ist Blut." Es vergingen mehr als zwei Minuten, bevor Goldberg erstmals ein schockierendes Detail erwähnte: Aus der Brust seiner Verlobten ragte ein Messer. "Sie hat sich selbst erstochen!", sagte er. Und später: "Sie ist auf ein Messer gefallen."
Mord oder doch nicht?
Bei der Autopsie am nächsten Tag stellte der Gerichtsmediziner Osbourne zahlreiche Stichwunden sowie Blutergüsse in verschiedenen Heilungsstadien fest. Er schrieb, dass Greenberg "von einer anderen Person erstochen" worden sei, und urteilte, dass es sich um Mord handele. Trotzdem ging die Polizei von einem Selbstmord aus und gab die Wohnung frei, ohne dass es eine Spurensicherung gab. Der Grund für die Suizid-Annahme war, dass Greenberg zum Zeitpunkt ihres Todes allein war und die Ermittler davon ausgingen, dass die Wohnungstür von innen verschlossen war. Also änderte auch der Rechtsmediziner seine Einschätzung.
Doch Greenbergs Eltern gaben sich mit dem Abschlussergebnis nicht zufrieden und gingen zusammen mit Expertinnen und Experten den Ungereimtheiten in dem Fall nach. So gab es Zweifel daran, ob die Leiche nicht doch bewegt worden war. Eine Blutung in Greenbergs Nackenmuskeln deutete auf eine mögliche Strangulation hin, die verschiedenen Blutergüsse könnten bei wiederholten Schlägen entstanden sein.
Auch die von innen verschlossene Wohnungstür war demnach kein sicherer Beweis. Der Hausverwaltung zufolge ist eine Verriegelung von innen auch als Reaktion auf eine sich schließende Tür möglich. Vor allem aber ließ sich nicht belegen, dass Greenbergs Verlobter wirklich die Tür aufbrechen musste. Ein Wachmann, der angeblich dabei war, verneinte dies. Telefonaufnahmen, die den Vorgang belegen sollten, scheinen ihn eher zu widerlegen.
Laut CNN ging es den Eltern nicht darum, eine Anklage gegen einen möglichen Verdächtigen zu erwirken, sondern nur um die Bestätigung, dass ihre Tochter ermordet wurde. Nach jahrelangen Ermittlungen, zahlreichen Gerichtsverfahren und einer Online-Petition mit über 166.000 Unterschriften haben sie diese Bestätigung nun.
Quelle: ntv.de, sba