Veruntreuung staatlicher GelderUmstrittenem Ex-Minister Tapie droht Strafe

Bernard Tapie ist ein schillernder und in Frankreich höchst umstrittener Manager und Ex-Politiker. Der Verkauf seiner Adidas-Anteile könnte ihm nun eine weitere Haftstrafe einbringen. Die schwere Krebserkrankung des 78-Jährigen bewahrt in jedoch wohl vor dem Gefängnis.
Im Pariser Berufungsprozess gegen den früheren Adidas-Eigner, Minister und Fußballmanager Bernard Tapie hat die Anklage eine Haftstrafe von fünf Jahren auf Bewährung gefordert. Außerdem solle der 78-Jährige ein Strafgeld von 300.000 Euro zahlen, wie die Staatsanwaltschaft bestätigte. Tapie wird laut Medien Beihilfe zum Betrug und Veruntreuung staatlicher Gelder vorgeworfen. Der an Krebs erkrankte Angeklagte erschien nicht vor Gericht. Der frühere Chef des Fußballclubs Olympique Marseille war im Sommer 2019 in erster Instanz freigesprochen worden. Die Staatsanwaltschaft hatte dagegen Berufung eingelegt.
Es geht um eine komplizierte Affäre, die die französische Justiz seit Jahren beschäftigt. Tapie hatte sich beim Verkauf von Anteilen am deutschen Sportartikelhersteller Anfang der 1990er Jahre von der damaligen Staatsbank Crédit Lyonnais geprellt gesehen und geklagt. In einem Schiedsverfahren bekam Tapie 2008 mehr als 400 Millionen Euro Entschädigung zugesprochen. Der Schiedsspruch wurde aber später von einem Zivilgericht aufgehoben. Um Veruntreuung öffentlicher Mittel geht es, weil die Entschädigung letztlich aus der Staatskasse kam. Tapie hatte die Vorwürfe mehrfach zurückgewiesen.
Im eigenen Haus überfallen
In dem Berufungsprozess stehen weitere Angeklagte vor Gericht. Gegen den Chef des Telekomunternehmens Orange, Stéphane Richard, forderte die Anklage eine Haftstrafe von drei Jahren, davon zwei auf Bewährung. Zudem soll der einstige Leiter des engsten Mitarbeiterstabes der früheren Wirtschaftsministerin Christine Lagarde 100.000 Euro Strafgeld zahlen. Die Verhandlungen sollen in der kommenden Woche fortgesetzt werden - wann ein Urteil fällt, ist noch offen.
Vor einem Monat war Tapie noch in seinem Haus nahe Paris von Einbrechern angegriffen und gefesselt worden. Der 78-Jährige und seine Frau Dominique hatten geschlafen, als vier Diebe kurz nach Mitternacht bei ihnen eingedrungen seien. Die Eindringlinge hätten das Ehepaar geschlagen und mit Elektrokabeln gefesselt - und seien dann mit ihrer Beute geflohen.
Tapie ist zudem verantwortlich für einen der größten Skandale der europäischen Fußballgeschichte: Wegen der Schmiergeldaffäre um den Verein Olympique Marseille, den er 1986 gekauft hatte, wurde er Ende 1995 zu acht Monaten Gefängnis verurteilt. Schon zuvor musste Tapie Privatinsolvenz anmelden.