Panorama

Stärkster Regen seit 60 Jahren Unwetter wütet in Italien und Frankreich

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Die Pegelstände vieler Flüsse könnten in den kommenden Tagen weiter ansteigen.

(Foto: picture alliance/dpa)

Ganze Häuser werden von Wassermassen mitgerissen, Brücken zerstört, Dörfer von der Außenwelt abgeschnitten. In Norditalien und im Südosten Frankreichs wüten die schlimmsten Unwetter seit Jahrzehnten. Die Zahl der Toten ist noch nicht abzusehen.

Unwetter mit Überschwemmungen haben im Südosten Frankreichs und in Norditalien zu chaotischen Zuständen geführt. Es gab mehrere Tote. Auch in Österreich und der Schweiz richteten Wind und Regen am Wochenende große Schäden an, ein vierjähriges Mädchen starb.

In Italien kamen nach Medienberichten vermutlich mindestens sechs Menschen ums Leben. In Orten an der Mittelmeerküste in Ligurien, etwa in Sanremo, wurden danach vier Leichen entdeckt. Sie könnten von Flüssen ins Meer gespült worden sein, ein Opfer könne sogar aus Frankreich kommen. Im bergigen Hinterland der französischen Ferienmetropole Nizza galten mindestens acht Menschen als vermisst, darunter zwei Feuerwehrleute. Von anderen fehlten Nachrichten. Es gebe große Sorge hinsichtlich der endgültigen Opfer-Bilanz, wie Regierungschef Jean Castex bei einem Besuch in der Krisenregion sagte.

Aus dem Auswärtigen Amt in Berlin hieß es, nach den vorliegenden Informationen gebe es aktuell keine Hinweise, dass sich Deutsche unter den Vermissten oder Opfern der Unwetter befänden. Die deutsche Botschaft in Rom und das Generalkonsulat in Marseille standen demnach mit den lokalen Behörden in Kontakt.

In Österreich mussten Rettungskräfte zu zahlreichen Einsätzen wegen umgestürzter Bäume und kleinerer Überflutungen ausrücken. Ein vierjähriges Mädchen wurde bei einer Wanderung von einem Baum erschlagen. In der Schweiz brachte das Tief am Samstag enorme Mengen Regen mit sich, die Autobahn A2 war stundenlang wegen Überflutung gesperrt. Im französischen Département Alpes-Maritimes und in Norditalien laufen noch die Aufräumarbeiten. In Frankreich wurden rund 1000 Feuerwehrleute und die Armee eingesetzt.

"Meteorologische Bombe"

In der italienischen Region Piemont wurden Straßen und Brücken beschädigt und Städte überschwemmt, etwa in Limone Piemonte in der Provinz Cuneo. Der Bürgermeister dort sprach von einer "katastrophalen Lage". Die Regionen Piemont und Ligurien beklagten Schäden in Millionenhöhe. In den Bergen nördlich von Nizza waren Dörfer zeitweise nicht mehr erreichbar. Das Telefonnetz war zusammengebrochen. Tausende Haushalte waren ohne Strom. Retter brachten Wasser und Lebensmittel in die Region. Rémi Recio, Leiter des engsten Mitarbeiterstabes des örtlichen Präfekten, sprach von einer "meteorologischen Bombe", die über dem Département niedergegangen sei. Vom Hubschrauber aus habe er kriegsähnliche Szenen gesehen. "Man hat den Eindruck, dass das Gebiet bombardiert wurde."

Häuser seien von den Wassermassen weggerissen worden. Es gebe immer noch große Unsicherheit: "Wir wissen derzeit nicht, ob die Häuser bewohnt oder Ferienhäuser waren", sagte Recio dem Nachrichtensender Franceinfo. Zu den acht Vermissten sagte er, es gebe Zeugenaussagen, dass diese in den Fluten verschwunden seien. In Italien starb ein 53-jähriger freiwilliger Feuerwehrmann aus der Gemeinde Arnad im Aostatal, der bei einer Rettungsaktion von einem umgestürzten Baum getroffen wurde. Ein 36-jähriger Autofahrer aus Vercelli wurde auf einer kaputten Straße vom Flusswasser weggerissen. Sein jüngerer Bruder konnte sich hingegen aus dem Auto befreien und überlebte. Vercelli liegt zwischen Turin und Mailand.

Teilweise hatte es im Nordwesten Italiens von Freitag auf Samstag so stark geregnet wie seit rund 60 Jahren nicht mehr. Der Strom fiel für Tausende Menschen aus. Die Behörden warnen weiter vor Hochwasser-Gefahren. Das galt auch am Fluss Po, der von Westen quer durch Italien fließt und in die Adria mündet.

21 Menschen, die im Piemont als vermisst galten, wurden schließlich auf der anderen Seite der Grenze im Hinterland von Nizza gefunden. Auch eine deutsche Trekkinggruppe mit fünf Männern und einer Frau, die im piemontesischen Tal Valle Gesso zunächst als vermisst galt, wurde auf einer Hütte entdeckt und in Sicherheit gebracht. In Venedig wurde am Samstag die neue Hochwasserschutzanlage Mose erstmals in einer echten Gefahrenlage hochgefahren. Die Tore der Flutschleusen an den Öffnungen der Lagune wurden aufgestellt. Am Sonntag hieß es in Berichten, Mose habe Wirkung gezeigt: Trotz erhöhter Wasserstände sei der Markusplatz im Zentrum trocken geblieben.

Der französische Regierungschef Castex und sein Innenminister Gérald Darmanin waren am Samstag in das Département Alpes-Maritimes geeilt. Castex sicherte der Bevölkerung Unterstützung zu. An diesem Mittwoch werde das Kabinett den Katastrophenzustand für betroffene Gemeinden ausrufen. Das erleichtert unter anderem Entschädigungen. Südfrankreich wird seit Jahren von schweren Unwettern getroffen.

Quelle: ntv.de, mbo/dpa

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