Panorama

Vorwurf von Merz auf Platz zwei "Klimaterroristen" ist das "Unwort des Jahres"

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Klimaaktivisten würden durch den Begriff "Klimaterroristen" in die Nähe von Gewalt und Staatsfeindlichkeit gestellt, rügt die Jury.

(Foto: picture alliance / ZUMAPRESS.com)

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Seit einigen Monaten fallen Klimaaktivisten mit Protesten auf, die vielerorts Zorn erregen. Doch das macht sie noch lange nicht zu "Klimaterroristen", befindet die Jury, die den Ausdruck zum "Unwort des Jahres" kürt. Auch CDU-Chef Friedrich Merz ist in der sprachkritischen Wahl prominent vertreten.

Das "Unwort des Jahres" 2022 lautet "Klimaterroristen". Das hat die sprachkritische "Unwort"-Aktion in Marburg bekannt gegeben. Der Ausdruck sei im öffentlichen Diskurs benutzt worden, um Aktivisten und deren Proteste für mehr Klimaschutz zu diskreditieren, begründet die Jury ihre Wahl.

Die Jury kritisiert die Verwendung, weil Aktivistinnen und Aktivisten durch den Begriff mit Terroristen "gleichgesetzt und dadurch kriminalisiert und diffamiert werden". Gewaltlose Protestformen zivilen Ungehorsams und demokratischen Widerstands würden so in den Kontext von Gewalt und Staatsfeindlichkeit gestellt, rügt die Jury. Die seit 1991 stattfindende "Unwort"-Wahl soll auf einen unangemessenen Sprachgebrauch aufmerksam machen und so für einen bedachten Umgang mit Begriffen sensibilisieren.

Merz prägt den Zweitplatzierten

Auf Platz zwei setzte die mehrheitlich aus Sprachwissenschaftlern bestehende Jury den Ausdruck "Sozialtourismus", der 2013 zum "Unwort" gekürt worden war. CDU-Chef Friedrich Merz hatte das Wort im vergangenen September im Zusammenhang mit Kriegsflüchtlingen aus der Ukraine verwendet und sich später dafür entschuldigt. Die Jury sah in dem Wortgebrauch "eine Diskriminierung derjenigen Menschen, die vor dem Krieg auf der Flucht sind und in Deutschland Schutz suchen". Zudem verschleiere das Wort ihr prinzipielles Recht darauf.

Auf Platz drei kam die Formulierung "defensive Architektur", die als irreführend und beschönigend kritisiert wurde. Der Ausdruck bezeichnet eine Bauweise, die verhindert, dass sich etwa Wohnungslose länger an öffentlichen Orten niederlassen können.

Menschenwürde und Demokratie

Das "Unwort des Jahres" wurde nach verschiedenen Kriterien aus Vorschlägen ausgewählt, die Interessierte bis zum 31. Dezember 2022 eingereicht hatten. Insgesamt gab es 1476 Einsendungen mit 497 verschiedenen Begriffen, von denen mehr als 50 den Kriterien der Jury entsprachen.

Infrage kommen Worte, die gegen die Prinzipien der Menschenwürde oder Demokratie verstoßen, die gesellschaftliche Gruppen diskriminieren oder die euphemistisch, verschleiernd oder irreführend sind. Bei der "Unwort"-Kür kommt es nicht darauf an, wie oft ein Begriff vorgeschlagen wurde. 2021 war die Wahl auf "Pushback" gefallen.

(Dieser Artikel wurde am Dienstag, 10. Januar 2023 erstmals veröffentlicht.)

Quelle: ntv.de, chr/dpa

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