Ein Stück Südtiroler Geschichte Versunkenes Dorf taucht wieder auf
18.05.2021, 20:59 Uhr
Der Kirchturm aus dem 14. Jahrhundert steht unter Denkmalschutz und durfte deswegen nicht gesprengt werden.
(Foto: imago images/Stefan Rotter)
Mitte des 20. Jahrhunderts werden für einen Speichersee in Südtirol zwei Dörfer geflutet. Nur ein mittelalterlicher Kirchturm ragt seitdem aus dem Wasser und erinnert an die versunkenen Orte. Mehr als siebzig Jahre später erscheinen die Ruinen wieder an der Oberfläche. Wer sie sehen will, muss sich beeilen.
In Südtirol sind Reste eines versunkenen Dorfes wieder an der Oberfläche erschienen. Wegen Instandhaltungsarbeiten wurde Wasser aus dem Reschensee in Graun im Vinschgau abgelassen und sank so tief, dass Ruinen des 1950 gefluteten Dorfes wieder zum Vorschein kamen, wie es vom Tourismusverein Reschenpass hieß. Die Arbeiten seien über die vergangenen Wochen gelaufen.
Den See kennen viele wegen des Kirchturms der versunkenen Pfarrkirche St. Katharina, der aus dem Wasser ragt. Schaulustige posteten in sozialen Medien Fotos und Videos von den teils begehbaren Dorf-Überresten. Bei manchen Ruinen waren noch die Hauswände oder Treppen zu erahnen, drum herum lagen verrostete Bauteile. Es sei seltsam gewesen, das geflutete Dorf zu sehen und zwischen den Trümmern der Häuser gehen zu können, schrieb Instagram-Nutzerin Luisa Azzolini, die aus der Region unweit der Grenzen zu der Schweiz und Österreich kommt, zu ihren Aufnahmen: "Ein Stück Südtiroler Geschichte ist wieder aufgetaucht".
Hunderte Menschen mussten ihre Häuser verlassen
Vor mehr als siebzig Jahren waren die Dörfer Reschen und Graun geflutet worden, um einen Speichersee für ein Wasserkraftwerk zu bilden. Mehr als 160 Häuser waren damals gesprengt und geflutet worden und die Dorfbewohner mussten umziehen. Nur der Kirchturm aus dem 14. Jahrhundert war aus Denkmalschutzgründen stehen gelassen worden.
Der ungewöhnliche Ort war Hauptdrehort der Mystery-Serie "Curon" - wie Graun im Vinschgau auf Italienisch heißt -, die im vergangenen Jahr auf Netflix erstmals zu sehen war. Im 2018 erschienenen Roman "Ich bleibe hier" schildert der italienische Erfolgsautor Marco Balzano die Geschichte des Ortes und seiner Flutung.
In der Vergangenheit war der Wasserstand im Reschensee schon mal für Wartungen abgesenkt worden. 2009 musste der Kirchturm von St. Katharina über mehrere Wochen restauriert werden. Dafür hatten die Behörden damals Stauwasser für den Zeitraum der Arbeiten abgelassen.
Quelle: ntv.de, uzh/dpa