Blutige Kino-Premiere in Colorado Was trieb James Holmes zu der Tat?
21.07.2012, 06:38 Uhr
Warum ging James Holmes, hier auf einem Foto der Universität von Colorado, so brutal vor?
(Foto: AP)
Wochenlang bereitet sich James Holmes vor: Er besorgt sich Waffen, im Internet bestellt er Unmengen an Munition. Bevor er in der Nacht der großen "Batman"-Premiere loszieht, um zwölf Menschen zu erschießen, präpariert er seine Wohnung aufwändig mit Sprengfallen - die Spezialkräfte haben sie noch immer nicht beseitigen können. Ganz Amerika fragt sich, was den Studenten antrieb.
Nach dem Kino-Massaker von Colorado wird über das Motiv des Amokläufers gerätselt. Offensichtlich hatte der 24 Jahre alte James Holmes seine Tat von langer Hand vorbereitet: Waffen, massenhaft Munition und schusssichere Spezialkleidung, die er bei dem Blutbad mit zwölf Toten nutzte, hatte er in den vergangenen Monaten ganz legal erworben, seine Wohnung in Aurora bei Denver mit Sprengfallen präpariert, bevor er in der Nacht zum Freitag in der Mitternachtspremiere des Batman-Film "The Dark Knight Rises" wahllos das Feuer auf die Kinobesucher eröffnete.
30 der insgesamt 58 Verletzten wurden nach Angaben des Gouverneurs von Colorado, John Hickenlooper, zuletzt noch in Krankenhäusern behandelt. Elf befänden sich in kritischem Zustand.
Nach Einschätzung der Polizei handelte der Student der Neurowissenschaften allein. Der 24-Jährige sei der Polizei zuvor nicht bekannt gewesen, er hatte keine Vorstrafen. Am Montag soll Holmes erstmals vor Gericht erscheinen.
Er habe die Waffen und Munition offensichtlich ganz legal erworben, sagte Auroras Polizeichef Dan Oates laut dem Sender CNN. Allein 6000 Schuss Munition habe er im Internet gekauft. Während der Tat habe er eine Faustfeuerwaffe, ein halbautomatisches Sturmgewehr und ein Schrotgewehr benutzt, berichteten US-Medien. Außerdem habe man in seinem Auto eine weitere Pistole gefunden.
US-Wahlkampf pausiert
Angesichts des bei der Tat benutzten Waffenarsenals appellierte New Yorks Bürgermeister Michael Bloomberg an Präsident Barack Obama und dessen republikanischen Herausforderer, Mitt Romney, die Waffengesetze zu verschärfen. Obama und Romney verzichteten wegen des Massakers auf geplante Wahlkampfreden und gedachten stattdessen der Opfer. In Colorado setzte Obamas Wahlkampf-Management zunächst alle Fernsehspots aus. Er veranlasste, dass bis Mitte der kommenden Woche die Fahnen im Land auf Halbmast gesetzt werden. Statt in Florida Wahlkampf zu machen, eilte der Präsident nach Washington ins Weiße Haus zurück.
Für Obama sei dies die "angemessene Reaktion" gewesen, sagte der Sprecher seiner Wahlkampf-Kampagne. Das Wichtigste sei jetzt, sich auf die Trauer um die Opfer zu konzentrieren. Statt der erwarteten Wahlkampfrede hielt Obama in Fort Myers in Florida nur eine kurze Ansprache. Ihm sei klar, dass viele Besucher eine Wahlkampfveranstaltung erwartet hätten. Doch die Nachrichten von der Tragödie müssten alle ermahnen, "als amerikanische Familie zusammenzustehen".
In New Hampshire gedachte auch Romney der Opfer, statt seine übliche Wahlkampfrede zu halten. "Ich stehe hier heute nicht als ein Bewerber um ein Amt, sondern als Vater, Großvater, Ehemann und Amerikaner", erklärte er. Jetzt sei die Zeit, sich an die Liebe zu Amerika zu erinnern.
Mehr Sicherheit in Kinos
Kopfzerbrechen bereitete den Ermittlern derweil die mit Sprengsätzen präparierte Wohnung des Amokschützen. Sicherheitshalber wurden neben dem Wohnhaus des Täters auch vier umliegende Apartmenthäuser evakuiert. Die komplizierte Konstruktion aus Sprengstoff und entzündlichen chemischen Substanzen beschrieb Polizeichef Oates als etwas, "was wir noch nie gesehen haben". "Es gibt eine Menge Drähte", sagte er. Frühestens im Laufe des Samstags könnten Experten die Wohnung betreten. Auch der Einsatz von Spezialrobotern war im Gespräch.
In den US-Kinos wurden nach den tödlichen Schüssen die Sicherheitsvorkehrungen verschärft. Die zweitgrößte Kinokette AMC teilte mit, dass es bis auf weiteres in ihren Häusern nicht erlaubt sei, Gesichtsmasken zu tragen oder Spielzeugwaffen mitzubringen. Vor allem Fans von Comic-Verfilmungen verkleiden sich gern wie ihre Leinwandhelden.
Zum Batman-Filmstart in Deutschland in der kommenden soll auch das Sicherheitspersonal der Kinokette Cinemaxx mehr Präsenz zeigen. Wenn zu einem neuen Film viele Besucher erwartet werden, postiere das Unternehmen ohnehin Sicherheitskräfte in den Kinos, sagte Cinemaxx-Sprecher Arne Schmidt der "Neuen Osnabrücker Zeitung".
Kino-Welt ist geschockt
Batman-Regisseur Christopher Nolan brachte seine "tiefe Trauer" über das Blutbad zum Ausdruck. In einer Mitteilung im Namen der Schauspieler und Mitwirkenden von "The Dark Night Rises" sprach der britische-amerikanische Regisseur von einer "sinnlosen Tragödie", wie das US-Branchenblatt "Hollywood Reporter" berichtete. "Das Kino ist mein zu Hause. Die Vorstellung, dass jemand diesen unschuldigen und erwartungsvollen Ort derart brutal entweiht, ist einfach verheerend", führte Nolan weiter aus. Er sprach den Opfern und ihren Familien seine Anteilnahme aus.
Auch der US-Filmverleih Warner Bros. hatte sich schockiert gezeigt. "In dieser tragischen Stunde geht unsere aufrichtige Anteilnahme an die Familien und Freunde der Opfer", teilte das Studio mit. "The Dark Knight Rises" hat nach ersten Schätzungen in der Premieren-Nacht in den USA Spitzeneinnahmen erzielt. Die Branchenblätter "Variety" und "Hollywood Reporter" bezifferten die Mitternachtseinnahmen mit bis zu 30 Millionen Dollar - umgerechnet knapp 25 Mio Euro. Der Film war in 3700 US-Kinos angelaufen, am Wochenende sollte er in über 4400 Lichtspielhäusern gezeigt werden.
Quelle: ntv.de, jog/dpa