Hohe Fallzahlen, hohe Nachfrage Werden Schnelltests jetzt teuer und rar?
16.11.2021, 19:37 Uhr
Während Schnelltests noch vor wenigen Wochen bei Discountern und Drogeriemärkten zum Schleuderpreis angeboten wurden, sind sie derzeit Mangelware.
(Foto: picture alliance/dpa)
Die Corona-Pandemie hat Deutschland fest im Griff. Die Fallzahlen steigen und damit auch die Unsicherheit in der Bevölkerung. Denn auch Geimpfte stecken sich immer öfter an. Für Klarheit sollen Selbsttests sorgen. Doch eine Suche in Onlineshops von Discountern und Drogerien bringt derzeit oft das gleiche Ergebnis: "Aktuell nicht vorrätig".
Über Deutschland bricht derzeit die vierte Corona-Welle herein. Die Infektionszahlen steigen rasant. Auch Geimpfte stecken sich immer häufiger an. Somit wollen viele Menschen vor einem Besuch bei Oma und Opa auf Nummer sicher gehen und kaufen sich einen Corona-Schnelltest. Die lagen vor Kurzem noch zuhauf auf Grabbeltischen für Centbeträge rum. Inzwischen hat sich das allerdings geändert. Nicht nur der Preis ist gestiegen, auch das Angebot ist derzeit eher mau.
Ein Blick in die Online-Shops von Supermärkten und Drogerien verrät, wie es um die Verfügbarkeit von Schnelltests steht. Das ist zwar nur eine Momentaufnahme. Aber der Trend scheint eindeutig: "Aktuell nicht vorrätig" heißt es unter vielen der angebotenen Produkte. So ist bei Rossmann nur einer von vier Schnelltests aktuell erhältlich - und dieser gehört eher zur oberen Preisklasse mit fast sieben Euro. Sogar zwei Euro mehr kostet eben jener bei Konkurrent Müller. Günstigere werden bei der Drogeriekette gar nicht mehr gelistet.
Laut Rossmann ist die Nachfrage nach Corona-Selbsttests seit September kontinuierlich gestiegen. "Die Verfügbarkeit ist grundsätzlich gesichert, es kann jedoch aufgrund der derzeit hohen Nachfrage punktuell zu kurzfristigen Engpässen kommen", sagte eine Rossmann-Sprecherin ntv/RTL. Auch Aldi Süd registriert eine steigende Nachfrage. Allerdings seien Tests in den Filialen noch in ausreichenden Mengen verfügbar, versichert der Discounter.
"Verfügbarkeit wird bald wieder besser"
Vergangene Woche warnte bereits der Apothekerverband Nordrhein vor einer Knappheit in den Apotheken. "Vielerorts sind Tests nicht mehr erhältlich", sagte Thomas Preis, Chef des Apothekerverbands, der "Rheinischen Post". "Auch die Zulieferer für die Apotheken können nicht mehr alle Bestellungen unserer Mitgliedsapotheken bedienen. Wir haben deshalb mit Engpässen bei Tests für Laien und bei professionellen Tests für unsere Teststellen zu kämpfen. Das führt auch zu steigenden Preisen."
Bundesweite oder dauerhafte Engpässe sind dem Deutschen Apothekerverband auf Nachfrage allerdings bislang nicht bekannt. Sprecher Christian Splett weist im Gespräch mit ntv.de auf die wiedereingeführten kostenlosen Tests hin, auf die Bürgerinnen und Bürger seit Samstag einmal die Woche Anspruch haben. Mit ihnen dürfte es auch Verschiebungen bei der Nachfrage nach Selbsttests geben. "Je mehr Bürgertests wieder angeboten werden, umso weniger Selbsttests brauchen die Menschen wahrscheinlich", so Splett.
Auch die bayrische Landesapotheke gibt Entwarnung: "Wir gehen davon aus, dass die Verfügbarkeit bald wieder besser wird", sagte eine Sprecherin dem "Spiegel". Ein langfristiges Problem sei nicht zu erwarten. Schließlich haben viele Händler mittlerweile umfassende Lieferketten aufgebaut. An Herstellern herrscht offenbar kein Mangel. Dass manche Apotheken dennoch über Schnelltestknappheit klagen, könnte dem Magazin zufolge daran liegen, dass manche Medizin-Großhändler wenig für den Herbst vorbestellt und nun Probleme haben, die Ware in ausreichender Menge zu beschaffen.
Unternehmen knausern beim Preis
Hinzu kommt aber auch ein weiteres Problem: In Deutschland wollten viele Abnehmer, die zum Teil große Mengen für ihre Belegschaft bestellen, kaum Geld dafür in die Hand nehmen, sagt Patrick Hofmann, Geschäftsführer von DNA4Good, einem Anbieter für Testlösungen bei Veranstaltungen und am Arbeitsplatz, dem "Spiegel". "Viel mehr als ein Euro soll der Test hier nicht im Einkauf kosten. Da bekommt man nur Schrott. Allein die Luftfracht-Logistik macht es unrentabel, zu einem solchen Preis zu verkaufen."
Laut Hofmann setzen Unternehmen und auch Schulen Tests mit teils sehr dürftiger Qualität ein. "Da kommen oft falsch-positive Ergebnisse raus, die sich hinterher nicht bewahrheiten." So traten etwa an Hamburger Schulen solche Fälle vermehrt auf. In der Konsequenz mussten etliche Schüler in Quarantäne, die dann nach negativen PCR-Tests wieder aufgehoben wurden. Das verunsichert Schüler, Eltern und Lehrer.
Studie: Jeder fünfte Schnelltest mangelhaft
Die Zuverlässigkeit von handelsüblichen Schelltests hat das Paul-Ehrlich-Institut (PEI) unter die Lupe genommen. Das Ergebnis ist ernüchternd: Etwa jeder fünfte Corona-Selbsttest ist mangelhaft. Das bedeutet, dass die Sensitivität bei diesen Produkten nicht ausreicht. "Die Sensitivität drückt aus, wie gut der Test also in der Lage ist, das Virus nachzuweisen", erklärt das PEI in einer Pressemitteilung. Gefordert war eine Sensitivität von mindestens 75 Prozent. Immerhin 96 von 122 Schnelltests erreichten den nötigen Wert. Die übrigen 26 Schnelltests verfehlte ihn jedoch. Bei diesen Schnelltests waren in der Praxis mehr als 25 von 100 Versuchen falsch-negativ.
Die Schnelltests von dm, Rossmann, Lidl und Aldi schnitten in der PEI-Untersuchung hingegen sehr gut ab. Viele wiesen zum Teil Sensitivitäten von 100 Prozent auf. Wer einen zuverlässigen Schnelltest kaufen will, muss jetzt allerdings tiefer in die Tasche greifen als noch vor wenigen Wochen. Die Preise haben sich mehr verdoppelt: Gab es Anfang Oktober einen Corona-Selbsttest bei Aldi Süd noch für unter 80 Cent, kostet er beim Discounter inzwischen 1,95 Euro.
Doch das ist immer noch kein Vergleich zum Preis bei der Markteinführung Anfang März. Damals waren die Schnelltests so heiß begehrt, dass viele Verkaufsstellen sie rationierten: nur eine Packung pro Kunde, Stückpreis fünf Euro, in manchen Apotheken auch mal das Doppelte oder Dreifache. Im Sommer ließ das Interesse an den Selbsttests nach. Die Infektionszahlen waren schließlich niedrig und viele Menschen bereits geimpft. Mit dem Aufkommen der vierten Corona-Welle heißt es jetzt wieder an der Kaufland-Kasse: "Bitte nur drei Packungen pro Person."
Quelle: ntv.de